Zu Jucker Farm
Angst bei den Reben
von Valérie

Bauern-Portraits #2: Sauser-Mann Michael Angst

Es ist Sauser-Zeit. Zeit, euch diesen Mann vorzustellen: Michael Angst vom Weingut Sonnenberg in Wil (ZH). Das ist nur einen Katzensprung (oder exakt 5.8 km) von unserem Spargelhof in Rafz entfernt.

Der Mann beliefert uns mit seinem Sauser. Das macht sowohl ihn, wie auch uns glücklich. Denn sein Sauser ist ein ganz besonderer: Er macht ihn jede Woche frisch. Das macht nicht jeder! Doch mehr dazu später…

WER STECKT HINTER DEM WEINGUT SONNENBERG?

Das Weingut Sonnenberg gibt es seit 1970. Von Robert Angst aufgebaut, hatte sein Vater Matthias es 1984 übernommen und jetzt steht sein Sohn Michael Angst kurz davor, alles zu übernehmen. Sein Vater und Mutter Valentina sind auch heute noch aktiv mit dabei. Ein Familienunternehmen.

Neben Sauser produziert der Familienbetrieb auch Wein. Weissen, wie auch Roten. Und zwar alles in Selbstkelterung. «Ich habe eigentlich zwei Jobs», sagt Michael Angst von sich, «ich bin Winzer UND Kellermeister». Andere machen nur das eine oder das andere. Daneben machen sie auch Weindegustationen, Fondueplauschs oder Führungen für Gruppen und einige wenige Anlässe wie z.B. das Treberwurstessen im Februar.

Der Wein ist seine Haupteinnahmequelle, aber der Sauser scheint ihm eine Herzensangelegenheit zu sein. Der Sauser bringe zwar nicht so viel Geld ein wie der Wein. Er mache vielleicht 10-15% des Jahresumsatzes aus. Dafür habe er ihn innert 2 Monaten verkauft. Zudem sei der Sauser ein emotionales Produkt, auf den sich die Leute jeden Herbst freuen – weil es ihn nur während einer begrenzten Zeit gibt. Für Angst ein optimaler Werbeträger. Frischer Sauser sei schon ein Nischenprodukt. Es gebe nicht viele Leute, die den in der Region anbieten.

Weinstube

Hier wird degustiert.

Michi Angst

Angst in seinem Weinkeller

Im Rebberg

Michi Angst im Rebberg

Zerstörte Ernte

WIE GEHT FRISCHER SAUSER MACHEN?

Den Sauser füllt Angst als Frischsaft in Flaschen ab und versetzt ihn mit Hefe. So überlässt er es dem Kunden, mit welchem «Reifegrad» dieser den Sauser trinken möchte. Wer ihn lieber weniger süss, dafür mit etwas mehr «Zug» hat, lässt ihn (mit offenem Deckel!!!) bei Zimmertemperatur noch etwas stehen. Ab dem Zeitpunkt, an dem er Michi Angsts Keller verlässt, hält sich der Sauser gekühlt ca. 2-3 Wochen.

Es gibt roten und weissen Sauser. Nur war der weisse Sauser bis vor Kurzem im Züri Oberland so gut wie unbekannt. «Dabei ist der hier an der Wilemer Chilbi ein Klassiker», so Michi Angst.

NOCH JUNGE ZUSAMMENARBEIT

2013 erst hat die Zusammenarbeit mit der Familie Angst begonnen und ist sehr schnell sehr gut geworden. Gestartet wurde mit einer Testlieferung roten Sausers – erst mal nur für den Spargelhof in Rafz.

2015 wurden dann auch der Bächlihof in Jona und Juckerhof in Seegräben beliefert, mit rotem wie auch mit weissem Sauser. Damit stieg auch die gelieferte Menge rapide an. Hierzu ein kleines Müsterchen aus dem Arbeitsalltag mit der Jucker Farm AG:

Als er Gabi Faude vom Spargelhof an einem Dienstagmorgen wegen der Bestellungen anrief, hat es ihn fast aus den Socken gehauen. Sie wollte viel mehr Standflaschen (Ballonflaschen à 25 Liter) als er erwartet hatte. Also hiess es: Ab in den Rebberg! Am Dienstagnachmittag wurde geerntet und am Mittwochabend war der ganze Sauser auf dem Spargelhof. Michi Angst ist schnell.

Noch krasser sei die Menge angestiegen, als man letztes Jahr angefangen habe, den Online-Hofladen farmy.ch zu beliefern. Da habe man sich anfangs völlig verschätzt. Ausgegangen sei man von 10-15 Litern pro Woche. Schlussendlich stieg der Tagesbedarf aber auf ein Mehrfaches.

FIESER HAGEL

Michi Angst wäre eigentlich parat, uns mit Sauser zu beliefern. Aber dieses Jahr hat er einfach nicht genügend Trauben.

Auch ihn haben der Frost im April (wir berichteten) und den Hagel vom 1. August (Bericht FarmTicker) erwischt. Und zwar noch viel krasser, als uns. Das Ausmass der Zerstörung ist riesig. Michael Angst rechnet mit Ernteeinbussen von bis zu 85%. Besonders bitter: Der Jahrgang wäre gut gewesen. Der tolle Sommer hätte vieles vom Frost im Frühling wieder wettgemacht. Wie kann man sich gegen so ein Wetterpech absichern, frage ich ihn. «Einen vollen Keller haben!», entgegnet mir Michi. Das habe er allerdings auch nicht. Denn schon letztes Jahr seien 45% seiner Trauben durch einen Frost kaputtgegangen. Die Existenz des Familienunternehmens steht auf des Messers Schneide.

SCHWIERIGER WEINMARKT

Der Weinmarkt sei auch sonst nicht gerade freundlicher geworden in den letzten Jahren. Während selbst Privatkunden früher den Wein kistenweise bestellt haben, trinken sie heutzutage viel weniger Wein.

Aktuell sei «Generation Red Bull» am Zug und einige davon bräuchten noch 10 Jahre, bis sie wirklich anfangen, Wein zu trinken. Natürlich sei auch der Druck aus dem Ausland grösser als früher. Der Trend, regionale Produkte zu bevorzugen, sei zwar auch im Weingeschäft angelangt, allerdings noch sehr zögerlich. Der Wein aus der Region kämpft immer noch mit vielen Vorurteilen. «Dabei haben wir unheimlich dazu gelernt in den letzten Jahren», so Angst.

Trotz der misslichen Lage steckt Angst nicht den Kopf in den Sand. Etwas Hoffnung besteht noch. Aber in welchem Ausmass man Hilfe von staatlicher Seite bekomme, weiss er noch nicht. Sicher ist nur: Ohne finanzielle Hilfe von aussen geht es nicht.

Wir hoffen inständig, dass die Geschichte weitergeht. Denn der Sauser ist gut und passt in unser Sortiment. Das wenige, was wir dieses Jahr von Michi Angst an Sauser kriegen, werden wir jedenfalls umso mehr geniessen. Den muss man «mit Verstand» trinken, würde mein Grossvater sagen.

Valérie ist Vollblutautorin des FarmTickers und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

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