Zu Jucker Farm
Mann mit Kürbis und Hornbrille
von Valérie

Jeroen – Papa der Hubbards

Jeroen van de Vlag hat es wieder getan. Er hat vergangenes Wochenende aus stinknormalen Hubbard-Kürbissen eine lebendige Welt an lustigen Kürbismännchen erschaffen. Das war nicht das erste Mal. Die Jucker Farm AG pflegt schon seit mehreren Jahren eine gute Zusammenarbeit mit dem gebürtigen Holländer.

Doch was ist das eigentlich für ein Typ? Wir haben ihn in Rafz beim Schnitzen zum Interview getroffen.

Woher kommst du ursprünglich?

Ich komme von den Niederlanden, bin jetzt aber schon seit fast 14 Jahren in der Schweiz. Davor habe ich lange Zeit in Den Haag gewohnt.

Wie bist du Kürbisschnitzer geworden?

Eigentlich habe ich ein Studium in Ernährungskunde gemacht. Ich hätte danach in Spitälern Leute mit gesundheitlichen Einschränkungen beraten. Ich habe jedoch nie auf dem Beruf gearbeitet. Ich war bei der Stellensuche als Mann tatsächlich benachteiligt.

Aber schlussendlich war das egal, weil ich schon während der Studienzeit in Kontakt kam mit dem Sandskulpturenbauen. Als ich dann 1994 fertig war mit dem Studium, arbeitete ich Vollzeit als Sandkünstler. Und zwar für eine Firma in Holland, die Sandskulpturen-Events auf der ganzen Welt veranstaltete.

«Angefangen hat es mit Sand, dann ist auch noch Eis und später der Kürbis dazugekommen.»

Jeroen van de Vlag - Kürbisschnitzer

Jetzt fragst du dich, warum ich nicht von Anfang an ein Kunst-Studium gemacht habe. Aber damals gab es sehr viele Leute, die auf die Kunstakademie wollten. Da bin damals nicht reingekommen. Aber ich habe meinen Weg auch ohne Kunstakademie gemacht. Heute lebe ich von der Skulpturenkunst.

Angefangen hat es mit Sand, dann ist auch noch Eis und später der Kürbis dazugekommen.

Wie bist du in die Schweiz gekommen?

Während der Arbeit habe ich auch oft auch in Frankreich Sandskulpturen gemacht. Da habe ich einen guten Freund gefunden, der mich dann mal zu sich in die Normandie eingeladen hatte. Meine Frau war auch eingeladen und wir haben uns so kennengelernt. Sie ist eigentlich Deutsche, hat aber damals schon in der Schweiz gelebt. Ich wollte schon immer mal in einem anderen Land wohnen und so hat sich das schnell ergeben, dass ich zu ihr in die Schweiz gezogen bin.

Ich habe mich dann selbständig gemacht und bin nun seit 2006 hier und als selbständiger Sandskulpturen-Künstler tätig. Ich mache viele Workshops für Gruppen, so bin ich damals auch mit Jucker Farm in Kontakt gekommen. 2008 oder 2009 habe ich mit Reto und Beat eine Zusammenarbeit gestartet und habe für Jucker Farm das Sand- und Eisskulpturenschnitzen als Teamevent-Programm angeboten.

Was machst du sonst noch so?

Ich gebe diverse Schnitzworkshops für Gruppen. Oder ich habe Aufträge für Einkaufszentren oder Ausflugsziele eben Sandskulpturen oder Eisskulpturen zu schnitzen. Zum Beispiel im Europapark, da schnitze ich zusammen mit 13 Künstlern aus ganz Europa 8 Tage lang eine riesige Eisskulpturen-Ausstellung.

«Gestartet habe ich mit einem Kartoffelschäler und 1-2 Tonschlingen.»

Jeroen darüber, wie er das erste Mal einen Kürbis schnitzte.

Wie bist du zum Kürbis gekommen?

2010 habe ich an der Weltmeisterschaft Sandskulpturenbauen mitgemacht. Das war im Herbst. Da haben viele Kollegen erzählt, dass sie auch wieder Kürbisse schnitzen werden. Darunter war auch Ray Villafane.

Zurück in der Schweiz habe ich das mit Beat Juckers’ Einverständnis spontan auf dem Juckerhof erstmals probiert. Es war gar nicht so anders. Wenn du Skulpturen machst, weisst du einfach wie’s funktioniert. Auch wenn das Material etwas anders ist. Gestartet habe ich mit einem Kartoffelschäler und 1-2 Tonschlingen.

Danach hat mich Beat gefragt, ob ich nicht mal einen Riesenkürbis schnitzen möchte. Ab dann habe ich jedes Jahr eben auch Kürbisse geschnitzt.

Was gefällt dir am Material Kürbis besonders?

Kürbis ist für mich das schönste Material für Gesichter. Er ist sehr lebendig. Sobald ich die Haut abnehme, fängt der Kürbis an zu schwitzen. Auch die Struktur hat etwas Hautähnliches. Das ist der grosse Gegensatz zu Sand und Eis. Die sind starr und wenn man etwas lebendig gestalten will braucht man sehr grosse Dimensionen. Der Kürbis hat Fasern, er lebt.

Mann mit Kürbis und Hornbrille

Konzentriert an der Arbeit...

Kürbisschnitzen

Aus diesem Kürbis wird mal Mick Jagger.

Kürbis Drummer

THE ANIMAL von der Muppet Show ist bereits fertiggestellt...

Beethoven aus Kürbis

...ebenso wie Herr Beethoven...

Kürbismännchen

...und seine begeisterten Zuschauer.

Kürbis-Rocker

Mick Jagger's Platzhalter auf dem Set 😉

Jimmy Hendrix Kürbis

Und hier soll Jimmy Hendrix seinen Platz haben.

Mann am Schnitzen mit Ipad

Als Vorlage dienen Jeroen Bilder aus dem Internet.

Tonwerkzeuge

Metallschlingen verschiedener Formen und Grössen - herkömmliche Tonwerkzeuge.

Gemüseschnitzwerkzeug

Klassisches Gemüse-Schnitzwerkzeug.

Schleifschwamm

Der obligate Schleifschwamm - Geheimtipp Nr. 3 des Kürbisschnitzers.

Arm und Beinelemente aus Schaumstoff

Arme und Beine für die Kürbismännchen kriegt man auf www.pumpkin24.de/schnitzen/

Welches sind die besten Kürbisse? Was macht einen guten Kürbis aus?

Ganz klar die Blue Hubbards oder Orange Hubbards. Weil sie nicht so faserig sind wie die Halloweenkürbisse. Und das Fruchtfleisch ist dicker, ich kann hier mehr in die Tiefe gehen.

Um zu testen, ob ich einen guten Kürbis vor mir habe, mache ich an verdeckter Stelle den Fingernageltest. Wenn ich gar nicht reindrücken kann, ist er zu holzig und zu hart zum Schnitzen. Und er sollte möglichst schwer für seine Grösse sein, weil dann weiss ich, dass er eine dicke Wand hat.

Was für eine Beziehung hast du zu deinen Hubbards?

Meistens ist es so: Wenn ich fertig bin, dann mache ich Fotos und ich vergesse sie wieder. Dann kommt der Nächste. Ich konzentriere mich immer wieder auf das Neue. Darum bin ich auch nicht traurig über die Vergänglichkeit meiner Werke.

Das Machen an sich ist cool. Als Künstler bist du generell auch sehr kritisch deiner Arbeit gegenüber und findest immer wieder etwas, was du besser hättest machen können. Drum ist es für mich persönlich nicht schlimm, wenn sie nicht ewig halten.

«Wenn ich fertig bin, dann mache ich Fotos und ich vergesse sie wieder. Dann kommt der Nächste.»

Der Kürbisschnitzer über die Beziehung zu seinen Werken.

Wie lange machst du das noch?

So lange ich das körperlich hinkriege, werde ich nicht aufhören. Dazu mache ich das viel zu gern. Ich habe 73-jährige Eisskulptur-Kollegen und über 80-jährige Sandskulptur-Kollegen. Die machen das immer noch.

Gibt es etwas, was du künstlerisch noch ausprobieren möchtest?

Ich würde gerne mehr mit Ton arbeiten, Tonskulpturen machen. Zum Beispiel mal das Gesicht meiner Tochter in Ton zu arbeiten, das wäre cool.

Und ich möchte mal versuchen, etwas wirklich perfekt zu machen. Einfach mal um zu sehen, ob mir das gefällt oder wie wichtig es mir ist.

Bei Kürbis und Co. lohnt es sich das aber gar nicht. Bis jetzt ist noch nichts was ich geschaffen habe erhalten geblieben. Es gibt auch Kollegen die in Stein, Bronze oder Holz schaffen, aber für mich war das bisher nicht so wichtig.

Welche 3 Tipps würdest du einem Schnitzanfänger geben?

  1. Trau dich, etwas anders zu machen. Sei mutig beim Ausprobieren. Durch das Fehlermachen lernt man. Es muss und kann auch gar nicht sofort gut sein.
  2. Nicht zu lange überlegen! Wenn du eine Idee hast, mach einfach. Je länger man überlegst, desto weniger macht man.
  3. Besorg dir einen rauen Schwamm.

Was für Tools benutzt du, und wo kriegt man die?

Ich arbeite ganz einfach mit Tonwerkzeugen: Allerlei Schlingen und Schaber etc. Manche Schlingen präpariert, in dem er Zacken reinritzt, das gibt ihm eine bessere Kontrolle über das Werkzeug.

Ansonsten gibt es auch spezielle Gemüse-Schnitzsets z.B. von TRIANGLE®. Dann einen Pinsel, um die Kürbisspäne wegzupinseln, und einen «Schleifschwamm», um alles glatt zu machen, Makel wegzuradieren und Linien abzurunden. Der ist wie die raue Seite von einem Abwaschschwamm und es gibt ihn mittlerweile in der Migros (Miobrill STRONG).

Wichtig ist auch eine Sprühflasche mit Wasser, um die Figur immer wieder zu benetzen. Das ist während des Schnitzens wichtig, um zu verhindern, dass der Kürbis austrocknet. Denn ein trockener Kürbis bricht schneller.

Valérie ist Vollblutautorin des FarmTickers und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

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