Erwin Meier - Unternehmerportrait
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Unternehmerportrait #2: Erwin Meier

Der zweite Unternehmer, den wir im Rahmen des Unternehmerlehrgangs der HofAkademie vorstellen, hat einen komplett anderen Werdegang als Unternehmer Nr. 1 Stefan Müller von der S. Müller Holzbau AG. Erwin Meier-Honegger führt nämlich zusammen mit seiner Schwester ein traditionelles Familienunternehmen in der vierten Generation: Das Garten-Center Meier in Dürnten.

Erwin, sag mal, wer bist du und was macht dein Unternehmen?

Ich habe das Vergnügen mit meiner Schwester die Gärtnerei Meier in der vierten Generation zu führen. 2012 haben wir die Geschäftsleitung von unserem Vater übernommen – faktisch auf dem Papier zumindest. Bei Familienunternehmen ist es häufig so, dass das älteste Familienmitglied einfach der Chef bleibt, vor allem gegenüber langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bis im Sommer letztes Jahr war meine Grossmutter noch im Betrieb, da war sie Senior-Chefin. Bis sie nach ihrem 100. Geburtstag nicht mehr operativ tätig war, ab dann hat mein Vater die Senior-Chef-Rolle übernommen, er ist bis heute das «Familienoberhaupt» im Betrieb. Das ist ein Teil des Charakters des Unternehmens.

Wir feiern dieses Jahr 125-jähriges Bestehen. Durch das haben wir sehr eingefahrene Strukturen, auch getragen von vielen langjährigen Mitarbeitern. Das ist einerseits sehr schön, aber auf der anderen Seite auch schwierig, wenn man etwas verändern will oder muss. Es ist ein täglicher «Kampf», die Balance zu finden, zwischen dem Erhalt der Werte und zeitgemässen Veränderungen. Wir möchten Veränderungen am Markt nicht verschlafen. Hierfür müssen wir alle täglich motivieren.

Was hat dich dazu bewegt in das Familienunternehmen einzusteigen und es zu übernehmen?

Ich bin seit rund 25 Jahren im Unternehmen dabei und habe fast alle Stufen durchgemacht. Als Beifahrer in der Logistik habe ich angefangen, dann als Verkäufer usw. Grundsätzlich bin ich ins Unternehmen «hineingerutscht». Als Jugendlicher wollte ich Reisen und sah meine Karriere zum Beispiel in der Hotellerie. Mein Vater hat das damals relativ geschickt gemacht, er meinte nämlich, dass das Reisen auch eine Kernkompetenz des Gärtners sei. Die ersten Weltreisenden waren Gärtner, auf der Suche nach neuen Gewächsen. Das hat mich überzeugt. Sobin ich Gärtner geworden und durfte über diverse Verabdsfunktionen die Welt bereisen. Meine erste Reise führte mich nach Genf an die Gartenbauschule. Das Studentenleben im Internat am Genfersee war wunderschön und dazumal auch noch etwas exotisch. Diese Schule hat alle Gärtnerberufe unter einem Dach vereint. Bis zu meinem Jahrgang hin haben alle Absolventen nach drei Jahren Schule resp. Lehre fünf Fähigkeitsausweise erhalten. Bis die Deutschschweizer darauf aufmerksam geworden sind und dieses System hinterfragten. Ich war im ersten Jahrgang, der nur noch einen Ausweis erhielt. Dort drin stand dann einfach «Horticulteur complête», ein Abschluss der offiziell nicht anerkannt ist. Wenn ich also heute mit diesem Fähigkeitsausweis daherkomme, fragt sich jeder «was ist das?», aber alle, die diese Schule kennen, wissen, um was es geht.

Kurz nach der Schule hatten wir unser 100-jähriges Firmenjubiläum. Damals waren wir noch am alten Standort in Tann. Dort wollten wir ein neues Hauptgebäude bauen. Dieses Projekt war der Anreiz, der mich zum Bleiben bewegte. Auch die Zusammenarbeit mit dem Vater hat super geklappt, jeder hatte seine Aufgaben. So bin ich dann im Unternehmen geblieben und habe später die Leitung übernommen.

Was für Eigenschaften machen einen guten Unternehmer aus?

Ein guter Unternehmer muss möglichst jeden Tag fröhlich abschliessen können. Man sollte ihm ansehen, dass er glücklich ist, mit dem was er tut. Und ich glaube, wenn eine Führungskraft am Ende des Tages glücklich ist – klar, nicht jeden Tag, aber im Grossen und Ganzen – dann ist wahrscheinlich auch das Team glücklich und die Firma wirtschaftlich erfolgreich.

Welches sind deine High- welche deine Low-Lights?

Bei uns geht es nie bergab (lacht). Also ich jammere hier auf sehr hohem Niveau, aber ein sozusagen kombiniertes High- und Lowlight war der Neubau des neuen Garten-Center hier in Dürnten. 2005 haben wir mit der Planung begonnen und ich hatte das Ziel, etwas wirklich Innovatives zu machen, alles neu zu erfinden. Und ja, sieben Jahre später war es genau das Gleiche wie wir vorher schon hatten, nur an einem anderen Ort und neuer. Aber nichts «Neues». Das war etwas enttäuschend.

An was lag es? Die Aussage «So wird das nie funktionieren» habe ich sehr häufig gehört. Es gab viel Widerstand gegen Veränderung, wieso ein funktionierendes System verändern? Hier beneide ich StartUps, die etwas aus dem Nichts aufbauen können und einfach mal schauen, ob es funktioniert. Und wir hatten ein bestehendes Konzept, mit einer bestehenden Crew – der neue Standort war schon genug «neu». Es war eigentlich faszinierend, denn wir haben mit einem weissen Papier angefangen. Im Nachhinein hätten wir einfach von Anfang an Copy-Paste machen können. Auf der anderen Seite; es läuft, es hat sich bewährt, was vielleicht nicht so gewesen wäre, hätten wir experimentiert. Aber das war ein wenig frustrierend für mich.

Ich habe jetzt ein neues Projekt. Nicht im Hauptgeschäft, sondern im Verlag der Monatszeitschrift. Als kleines Element im Ganzen möchten wir dort eine Neuplatzierung versuchen – neue Kanäle, neue Kundengruppen, neue Regionen anpeilen. Ich nenne es eine Art „Forschungs- und Entwicklungsabteilung“ und habe das intern auch so kommuniziert.

Welche Werte lebst du vor in deinem Unternehmen?

Einer der Werte ist sicherlich Tradition. Auch wenn mir vor langer Zeit einmal ein Berater gesagt hat, Tradition hindere das Unternehmen am Weiterkommen. Er sagte, Tradition sei kein Wert. Da hat er einen wunden Punkt getroffen. Einerseits muss ich ihm recht geben, andererseits ist es meiner Meinung nach wichtig, dass man sich seiner Tradition bewusst ist und lernt mit ihr umzugehen. Gerade langjährige Mitarbeiter, die das Unternehmen mitaufgebaut haben, halten oft an diesen Traditionen fest. Diese möchte ich nicht überfordern sondern mitnehmen in die Zukunft.

Wie stellst du sicher, dass deine Mitarbeitenden diese Werte leben?

Wir sind ein typischer Familienbetrieb, der über die Jahre stetig gewachsen ist. Ich habe mit rund 120 Mitarbeitern angefangen, heute sind wir 200. Die Herausforderungen für mich und meine Schwester sind vor allem, diese Wachstumsschübe mit der Kultur des Unternehmens in Einklang zu bringen. Wie lange kann man die Familienstrukturen erhalten – das ist die Frage.

Bis vor etwa 10 Jahren kamen alle neuen Mitarbeiter aus der gleichen Branche und haben ähnliche Werte gelebt. Die Gärtnerbranche ist durchaus etwas inzestuös (schmunzelt). Danach kamen die ersten brachenfremden Leute dazu, weil wir Kompetenzen über das Gärntern hinaus benötigten. Und die erlebten resp. erleben teilweise einen kleinen Kulturschock, wenn sie bei uns beginnen. Es ist sehr spannend zu sehen, wie hier Welten und Kulturen aufeinanderprallen. Einige können gut damit umgehen – wie zum Beispiel der Buchhalter, der erste «Fremdling» den wir eingestellt hatten. Er war Italiener und das erste Nicht-Familienmitglied, das Einblick in die Finanzen erhalten hat. Aber er hatte sehr viel Verständnis für die Familienstruktur und die Traditionen, die wir lebten und hat somit Ängste abgebaut bei uns. Wichtig ist für uns, dass sich neue Mitarbeiter zwar wohlfühlen, aber dass sie sich nicht komplett uns anpassen, sondern dass sie eben den frischen Wind von aussen mit ins Unternehmen bringen. Wir brauchen eben beides und müssen voneinander profitieren und lernen.

Dieser Wechsel findet nämlich auch bei unseren Kunden statt. Unser Ziel ist, neben den älteren Stammkunden auch die junge, urbane Zielgruppe anzusprechen. Auch das ist ein Wert, den wir leben. Ich freue mich immer, wenn ich auf dem Parkplatz den Traktor neben dem Rolls Royce stehen sehe. Wir bringen bei uns Menschen zusammen, die sonst keine Schnittstellen haben. Beim Bedienen muss man sich also immer wieder auf Neue auf andere Personen einlassen. Wenn wir das mit der Kundschaft können, können wir es auch mit dem Personal.

"Ein guter Unternehmer muss möglichst jeden Tag fröhlich abschliessen. Man sollte ihm ansehen, dass er glücklich ist, mit dem was er tut."

Erwin Meier-Honegger

Wie bist du auf die HofAkademie gekommen?

Wir haben vor zwei Jahren ein Projekt gestartet mit dem Übertitel «Unsere Chancen nutzen». Daraus ergaben sich 10 Teilprojekte, in Abteilungen, in denen wir Potential gesehen haben. Eines davon war Mitarbeiterentwicklung. Und dort sind wir nie vom Fleck gekommen. Wir wussten, was wir wollten und sollten, aber nicht, wie wir es umsetzen können. Es war wirklich frustrierend. Und dann habe ich die HofAkademie auf der Website von Jucker Farm entdeckt und kurz darauf hat mich Alessandro Semeraro kontaktiert. Das Konzept der HofAkademie war genauso, wie wir es auch machen wollten. Nämlich nicht einfach eine Ausbildungsstätte für die eigenen Mitarbeiter aufbauen, was auch viel zu teuer wäre für ein KMU, sondern sie öffnen für andere Interessierte und so vom Austausch profitieren.

Was machst du neben deiner Arbeit?

Nichts – ich bin sehr faul. Ich behaupte immer, ich sei ein fauler Snob. Immer wieder gibt es Streit mit der Frau, weil sie überzogen ist, dass man nicht nichts machen und denken kann (lacht). Ich kann sehr gut abschalten nach dem Arbeiten.

Ich habe einen eigenen Garten zu Hause, welchen ich meiner Frau übergeben durfte. Wir haben uns im Unternehmen kennen gelernt. Aber eine frische Beziehung zu haben und gemeinsam im Familienunternehmen zu arbeiten hat sich als doch eher herausfordernd erwiesen. So hat sich meine Frau dazu entschieden, eine Weile Pause zu machen und sich um mich und unseren Garten zu kümmern. Das funktioniert bis heute sehr gut. Sie experimentiert im Garten und die Erfahrungen daraus fliessen wiederum ins Unternehmen ein. Eine Win-Win-Situation für uns alle.

Mehr Infos zur HofAkademie:

Nadine Gloor mit Quiche Nadine Gloor

Nadine kam von der Bank zum Bauernhof. Sie ist seit 2016 Marketing- und Kommunikationschefin bei Jucker Farm. Ihre Spezialität ist die digitale Kommunikation. Neben Ihrem Job reist sie leidenschaftlich gerne (Zum Portrait).

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