
Der Boden lebt
Im Boden sind unzählig viele Lebewesen zu Hause. Die meisten sind so klein, dass wir sie ohne Mikroskop niemals erkennen könnten. Und dann gibt es noch jene, die so winzig sind, dass auch das Mikroskop nichts nützt. Trotz ihrer geringen Grösse sind die Winzlinge im Boden enorm wichtig für das Ökosystem und die Bodengesundheit. Ohne sie würden keine Pflanzen wachsen. Wir stellen euch hier die wichtigsten Bodenlebewesen vor – angefangen mit den kleinsten.
Bakterien
Bakterien gibt es eigentlich überall. Keine grosse Überraschung also, dass sie auch im Boden stecken. «In einem Teelöffel gesunden Erdbodens leben mehr Bakterien als Menschen auf der Erde», schreibt der Biologe und Arzt Martin Grassberger. Mengenmässig sind Bakterien damit allen anderen Bodenlebewesen überlegen.
Die Bakterien im Boden zersetzen organische Substanzen. Dazu gehören etwa abgestorbene Pflanzen oder auch tierische Überreste. Beim Zersetzungsprozess nehmen Bakterien Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel und andere Nährstoffe auf und speichern sie so im Boden. Sterben Bakterien, geben sie diese Stoffe an den Boden und die umliegenden Pflanzen ab. Ausserdem setzen Bakterien Kohlendioxid frei, das für Pflanzen lebenswichtig ist. Es gibt auch Bakterienarten, die in den Pflanzenwurzeln leben und von dort aus direkt Stoffe an die Pflanze abgeben.
Die meisten «guten», also für das Überleben von Pflanzen wichtigen Bakterien, benötigen Sauerstoff. Je besser der Boden durchlüftet ist, desto mehr dieser guten Bakterien wohnen darin. Ist der Boden zu kompakt, vermehren sich darin vor allem Krankheitserreger.
«In einem Teelöffel gesunden Erdbodens leben mehr Bakterien als Menschen auf der Erde»
Biologe und Arzt Martin Grassberger
Archaea
Okay, wirklich grösser als Bakterien sind Archaea nicht. Sie wurden auch lange als Unterklasse in den gleichen Topf geworfen. Mittlerweile haben die einzelligen Organismen eine eigene Kategorie. Im Boden sind sie vor allem für die Stickstoffbindung zuständig. Archaea kommen aber auch im Darmtrakt von Tieren und Menschen vor.
Der Zusammenschluss der Winzlinge, die im Boden und in unserem Darmtrakt leben, wird als Mikrobiom bezeichnet. Hier könnt ihr mehr dazu lesen.
Pilze
Das Erscheinungsbild von Pilzen ist enorm vielfältig - vom Champignon über den Mehltau bis zum Schimmelpilz. Die für das Bodenleben wichtigen Pilzarten zersetzen wie die Bakterien organische Substanzen. Ausserdem können sie den Boden mit ihren langen, für unser Auge unsichtbaren, Pilzfäden (Hyphen) grossflächig durchwachsen. Über diese teils kilometerlangen Fäden transportieren sie Nährstoffe. Zudem sind sie in der Lage, Phosphor zu mobilisieren und an Pflanzen weiterzugeben. Pilze speichern auch andere Nährstoffe, die für ein gesundes Pflanzenwachstum wichtig sind. Durch die Hyphen entstehen ausserdem Zwischenräume im Boden, was wiederum die Durchlüftung und Durchwässerung dessen fördert.
Pilze können symbiotische Verbindungen mit Pflanzen eingehen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Mykorrhiza-Pilze. Sie leben unterirdisch und nisten sich an den Wurzeln von Pflanzen ein. Dabei liefern die Pilze Nährstoffe in Form von Kali und Phosphor. Als Gegenleistung erhalten sie von den Pflanzen Nährstoffe, die sie selbst nicht produzieren oder lokalisieren können, wie z.B. Kohlenhydrate. Die meisten Nutzpflanzen wachsen erst richtig, wenn sie eine solche Symbiose eingegangen sind.
Protozoen
Rund 80% der pflanzlichen Stickstoffaufnahme stammt von verdauten respektive ausgeschiedenen Bakterien. Verdaut werden diese Bakterien von den Protozoen. Diese Lebewesen sind mehrere hundertmal grösser als Bakterien, aber für uns mit blossem Auge noch immer unsichtbar.
Fadenwürmer
Wir nähern uns langsam der erkennbaren Grösse. Fadenwürmer – auch Nematoden genannt – sind rund 2 mm lang. Aufgrund ihres geringen Durchmessers können wir sie aber trotzdem kaum sehen. Wie bei so ziemlich allen Bodenlebewesen gibt es für Pflanzen schädliche und nützliche Arten. Erstere knabbern die Pflanzenwurzeln an. Die für Pflanzen nützlichen Arten fressen hingegen Bakterien und Pilze. Die dadurch entstehenden Hinterlassenschaften sind Nährstofflieferant für die Gewächse.
Manche Fadenwürmerarten fressen Insektenlarven. Darum werden sie auch als natürliche Schädlingsbekämpfer eingesetzt. Etwa gegen den Dickmaulrüssler – ein Käfer, dessen Larven die Wurzeln, Knollen und Rhizome von Pflanzen abfressen.
Regenwürmer
In einem gesunden Boden leben Regenwürmer. Durch die von ihnen gewühlten Gänge dringen Sauerstoff und Wasser in den Boden. Wurmexkremente fungieren als Pflanzendünger und von Würmern aufgewühlter Boden erleichtert Pflanzenwurzeln das Wachstum. Beim Wühlen gelangen zudem Blätter und anderes organisches Material in die Erde. Und die schmalen Wurmgänge bieten anderen kleinen Bodentierchen einen Lebensraum.
Arthropoden
Arthropoden werden auch Gliederfüsser genannt. Zu ihnen zählen Insekten, Spinnen und Krebstiere. Man erkennt sie daran, dass ihr Körper in Segmente gegliedert ist. Im Boden lebende Insekten zerkleinern organisches Material, das dann zur Nahrung von kleineren Bodenlebewesen wird. Zudem sind sie auch «Transportmittel» für Bodenbewohner wie Bakterien.
Auch Ameisen, Milben, Springschwänze und Termiten zählen zu den Arthropoden, die einen wesentlichen Effekt auf das Leben im Boden haben.
Wirbeltiere
Die Wirbeltiere bilden die grösste und damit in dieser Aufzählung letzte Kategorie der Lebewesen, die den Boden beeinflussen. Sie helfen dem Gleichgewicht, indem sie für Pflanzen schädliche Insekten fressen. Ausserdem helfen sie – wie die Insekten auch – bei der Vermehrung respektive Verbreitung von Pflanzen.
Grössere Wirbeltiere wie Schafe, Schweine, Ziegen und Kühe düngen den Boden, wühlen ihn auf und sorgen so für gute Durchlüftung und arbeiten organisches Material - Blätter, liegengebliebenes Obst etc. - mit ihren Hufen in den Boden ein.
Die Krux mit der Landwirtschaft
Im Boden leben also Abermillionen an Lebewesen, die aufeinander angewiesen sind. Durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung kann dieses Gleichgewicht schnell gestört werden. Schweres Gerät auf dem Acker verdichtet den Boden. So verschwinden die Regenwurmgänge, der Boden wird nicht mehr ausreichend belüftet und durchwässert. Wegen des fehlenden Sauerstoffs geht die Population an «guten» Bakterien zurück. Pflanzen fehlen darum jetzt lebenswichtige Nährstoffe und die Schädlingspopulation wächst. Landwirt*innen bemerken den Nährstoffmangel und Schädlingsdruck, greifen darum zu Kunstdünger und setzen Pestizide ein. Das wiederum führt dazu, dass noch mehr wichtige Bodenlebewesen absterben.
Ein ziemlicher Teufelskreis. Die regenerative Landwirtschaft versucht, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und Landwirtschaft zu betreiben, die den Boden und die darin lebenden Organismen aufbauen, statt ihnen zu schaden. Zugegeben, in der Umsetzung ist das eine ziemlich knifflige Angelegenheit. Schliesslich müssen Landwirtschaftsbetriebe gewisse Erträge erzielen. Wir haben vor gut 4 Jahren mit der Umstellung begonnen. Unsere Erfahrungen beschreiben wir laufend hier:












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