Zu Jucker Farm
Pflanzen mit Erdballen
von Leslie

Mikrobiom – das Verdauungsorgan des Bodens

Ohne Wasser und Nahrung können wir Menschen nicht überleben. Das Gleiche gilt für Pflanzen. Auch sie benötigen gewisse Nähr- und Mineralstoffe zum Gedeihen. Diese Stoffe ziehen die meisten Pflanzen aus der Bodenbiologie. Damit die aber als gute und vor allem kontinuierliche Nahrungsquelle dienen kann, ist ein gesundes und vielfältiges Mikrobiom nötig.

«Das Mikrobiom ist das Verdauungsorgan des Bodens», beschreibt unser Experte für regenerative Landwirtschaft, Sven Studer. Zum Bodenmikrobiom gehören unzählige winzige Lebewesen – von Bakterien und Protozoen über Pilze bis zu Würmern und Käfern. In einem Gramm Boden leben etwa 10 Milliarden Bakterien aus 50'000 unterschiedlichen Arten. Das sind mehr Bakterien als es Menschen auf der Erde gibt. Hinzu kommen noch etwa 200 Meter an Pilzfäden pro Gramm Erde.

Sven Studer
Sven Studer, unser Experte für regenerative Landwirtschaft.

Die Aufgaben des Mikrobioms

Ohne diese Mikroorganismen würden alle Nährstoffkreisläufe auf der Erde zum Erliegen kommen. Auch wir Menschen hätten dann keine Nahrung mehr. Aber warum sind die Winzlinge im Boden so wichtig?

  1. Die Mikroorganismen dienen der Pflanze als Nährstofflieferanten. Durch die Aufnahme von abgestorbenem Pflanzenmaterial und tierischen Substanzen, sind die Mikroorganismen voller wertvoller Stoffe. Pflanzen nehmen nun diese Mikroorganismen durch ihre Wurzeln auf, «saugen» sie aus und geben die mikroskopisch kleinen Lebewesen dann wieder an den Boden zurück.
  2. Die Bodenbewohner können auch Mineralstoffe wie Phosphat aus dem Boden mobilisieren. Pflanzen können das selbst nicht. Sie brauchen also die Hilfe der Mikroorganismen, um an diese Mineralstoffe zu kommen.
  3. Mikroorganismen verbessern die Bodenstruktur. Sie sorgen dafür, dass der Boden Wasser besser aufnehmen kann und vermindern Bodenerosion.
  4. Sterben die Mikroorganismen, werden auch sie vom Mikrobiom «verdaut» und zu fürs Pflanzenwachstum wertvollen Stoffen.

Das Mikrobiom und die Landwirtschaft

Je lebendiger der Boden ist, desto besser wachsen also die Pflanzen. Daraus könnte man schliessen, dass sich Landwirt*innen besonders für die Mikroorganismen und deren Gesundheit interessieren. Schliesslich haben sie durch den Ackerbau einen grossen Einfluss auf das Leben im Boden. Doch das Wissen um das Bodenmikrobiom ist noch dünn gesät. Auch in der landwirtschaftlichen Ausbildung wird es kaum bis nicht thematisiert. «Es kommt erst jetzt durch die regenerative Landwirtschaft ein bisschen auf. Mit dieser Form der Landwirtschaft möchte man den Boden aufbauen. Dazu braucht es ein möglichst tätiges Mikrobiom», sagt Sven Studer.

Bei Jucker Farm orientieren wir uns an den 5 Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft.

Ein gut durchwurzelter Boden ist reich an Mikroorganismen.

Ist der Boden locker und «bröckelig» ist das ein Zeichen für ein aktives Bodenleben.

Statt den Boden aufzubauen, hat die Landwirtschaft seit der Grünen Revolution aber das Gegenteil bewirkt. Möglichst hohe Erträge mussten in der Nachkriegszeit her. Schliesslich sollte niemand mehr hungern müssen. Die Landwirtschaft wurde, soweit es geht, automatisiert, es wurden Sorten gezüchtet, die mehr Ertrag versprechen, der Anbau in Monokulturen wurde zum Standard, genauso wie der Einsatz von synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Fortschritt, der den Ertrag steigerte, aber das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht bringt und zum Verlust von Biodiversität im Boden führte.

Denn während Pflanzenschutzmittel Schädlinge bekämpfen, töten sie gleichzeitig die im Boden lebenden Nützlinge. Fungizide etwa sind darauf ausgelegt Pilze abzutöten. Sie können zwar die Erreger von Mehltau unschädlich machen, vernichten aber gleichzeitig Pilze, die mit Pflanzen eine wichtige symbiotische Verbindung eingehen. Der Anbau in Monokulturen laugt die Böden aus, da die immer gleichen Pflanzen die immer gleichen Nährstoffe aus dem Boden ziehen. Und das Befahren der Äcker mit immer grösseren und schwereren Maschinen verdichtet die Böden. Der Sauerstoffgehalt sinkt dadurch und die Mikroorganismen, die einen gewissen Sauerstoffgehalt benötigen, verschwinden.

Hartweizenfeld

Der Anbau in Monokulturen - also wenn auf einer Fläche nur eine Pflanze wächst - laugt den Boden aus.

Untersaat im Kürbisfeld

Je mehr unterschiedliche Pflanzen auf kleinem Raum wachsen, desto vielfältiger ist auch das Leben im Boden.

Traktoren auf dem Feld

Je häufiger der Boden mit schwerem Gerät befahren wird, desto stärker verdichtet er sich. (Foto: James Baltz/unsplash)

Zwerg Zebus beim Grasen

In der regenerativen Landwirtschaft werden darum häufig Tiere eingesetzt, um Flächen abzugrasen und unerwünschte Pflanzen zu fressen.

Das tut dem Mikrobiom gut

Das mag alles ziemlich düster klingen, doch das Mikrobiom lässt sich reparieren: «erstaunlicherweise in sehr kurzer Zeit», wie Sven aus Erfahrung weiss. Mit den richtigen Massnahmen dauere es etwa 5-6 Jahre, bis das Mikrobiom wieder stabil ist. Besonders wichtig dafür ist Vielfalt. «Damit du Vielfalt im Boden bekommst, brauchst du auch Vielfalt über dem Boden.» Je mehr unterschiedliche Pflanzen auf möglichst kleiner Fläche wachsen, desto besser. Denn die meisten Mikroorganismen – gerade Bakterien – sind nicht sonderlich mobil.

Ausserdem förderlich für den Wiederaufbau des Mikrobioms sind:

  • Eine reduzierte Bodenbearbeitung: Je weniger der Boden gepflügt oder mit schwerem Gerät befahren wird, desto besser.
  • Gründüngung als Untersaat oder Zwischenfrucht: Unter Gründüngung versteht man das gezielte Säen von Pflanzen als Zusatz zu einer Kulturpflanze oder nach deren Abernte.
  • Verzicht auf Pestizide und synthetische Düngemittel: Diese schaden, wie oben erklärt, auch den nützlichen Mikroorganismen.
  • Eine vielgliedrige Fruchtfolge: Nicht jede Kultur zieht die gleichen Nährstoffe aus dem Boden. Je häufiger die Kulturen zirkulieren, desto geringer ist die Gefahr, dass der Boden ausgelaugt wird.
Gründüngung
Links der Boden ohne Gründüngung, rechts der Boden mit Gründüngung.

«Gesunder Boden, gesunde Nahrungsmittel, gesunde Ernährung, gesunde Menschen.»

Sven Studer, Experte für regenerative Landwirtschaft

Warum ist das für Konsument*innen wichtig?

Hier kommt Svens Kredo ins Spiel: «Gesunder Boden, gesunde Nahrungsmittel, gesunde Ernährung, gesunde Menschen.» Das Mikrobiom im Boden deckt sich zu 80% mit dem Mikrobiom im menschlichen Darm. Mit Pestiziden und Kunstdünger behandelte Lebensmittel dürften also auch einen Einfluss auf die in uns lebenden Mikroorganismen haben. Mehr über das Mikrobiom im menschlichen Verdauungstrakt lest ihr im Beitrag unseres Content-Partners Soil to Soul.

Jucker Farm und Soil to Soul

Bei Jucker Farm betreiben wir Landwirtschaft, die dem Boden und damit auch den Menschen gut tut. Immer wieder experimentieren wir darum mit neuen Anbauweisen. Unser so angesammeltes Wissen teilen wir gerne. Deshalb freuen wir uns sehr über die Content-Partnerschaft mit Soil to Soul. Gemeinsam setzen wir uns für eine Landwirtschaft ein, die nicht nur den Boden respektiert, sondern auch die Menschen, die von ihm leben. 

Als Wissensplattform stellt Soil to Soul wertvolle Informationen für Konsument*innen, Produzent*innen und die Gastronomie rund um Bodengesundheit und Ernährung zur Verfügung, organisiert Events, vernetzt relevante Akteure und motiviert zum nachhaltigen Handeln. 

Jucker Farm und Soil to Soul verbindet die gemeinsame Vision: Ernährung beginnt im Boden – und gesunde Böden sind die Grundlage für gesunde Menschen.

Leslie haut gerne in die Tasten. Seit Juli 2024 macht sie das auch für den FarmTicker. Bevor sie den Weg auf den Bauernhof fand, berichtete sie über IT-Themen und Gadgets.

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