
Dürfen Bauern am Sonntag arbeiten?
Dürfen Landwirt*innen Sonntagsarbeit leisten? Das fragt sich vielleicht der eine oder die andere, gerade im Sommer. Denn es kommt nicht selten vor, dass an Sonntagen fleissig Getreide gedrescht, Strohballen geformt oder Heu eingefahren wird.
Sonderregel für Arbeiten am Sonntag
In der Verordnung 2 zum schweizerischen Arbeitsgesetz, Art. 52, sind Sonderregeln für Betriebe definiert, die landwirtschaftliche Produkte verarbeiten. Diese Sonderregel für Arbeit in der Nacht und am Sonntag ist nur anwendbar, wenn die Arbeit «zur Vermeidung eines Verderbs oder einer erheblichen Qualitätseinbusse zwingend erforderlich ist». Betroffen von dieser Sonderregelung sind Betriebe, die z.B. Früchte, Gemüse, Obst oder Blumen anbauen, verarbeiten und verteilen.
Neben dem Arbeitsgesetz gelten die jeweiligen Polizeiverordnungen des Betriebsstandorts. In Rafz, dort wo unser grösster Produktionsbetrieb, der Spargelhof, liegt, steht in Artikel 42 der Polizeiverordnung: «Unaufschiebbare Landwirtschafts- und Notstandsarbeiten sind jederzeit gestattet.» Also auch am Sonntag oder nachts.
Was sind «unaufschiebbare Arbeiten»?
Getreide ist ein gutes Beispiel für solche «unaufschiebbare Arbeiten». Weizen oder Hafer muss geerntet werden, wenn er reif UND trocken ist. Das Zeitfenster ist also eng. Und; nicht jeder Betrieb besitzt Mähdrescher – in der Erntezeit sind die grossen Maschinen also sehr begehrt und müssen vorgebucht werden (Getreideernte). Nach der Ernte bleibt das Stroh (Unterschied Stroh und Heu) auf dem Feld liegen und muss – ebenfalls im Trocknen – aufgesammelt, zu Strohballen geformt und in den trockenen Stall gebracht werden. Ist das Wetter also unbeständig, Regen oder Gewitter ziehen auf, muss es schnell gehen – notfalls wird dann auch in die Nacht hinein oder am Sonntag gearbeitet.
Generell machen frische Produkte in der Erntezeit keine Pause am Sonntag. Würden wir also beispielsweise die reifen Erdbeeren am Sonntag nicht pflücken, riskieren wir, dass sie am Montag schon «drüber» sind. Auch bei der Spargelernte kommen wir nicht um die Ernte an Sonntagen herum – denn Spargeln wachsen kontinuierlich weiter, egal welcher Wochentag ist (Wie wachsen Spargeln?). Auch ist das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln bei starkem Schädlings- oder Krankheitsdruck eine solche unaufschiebbare Aufgabe.
Bauern und Bäuerinnen dürften also unter dieser Sonderregel immer arbeiten, ohne Rücksicht auf Ruhezeiten und Co. Benjamin Keil, Hofleiter vom Spargelhof Rafz betont:
«Wir versuchen aber die Arbeiten so zu verteilen, dass wir während den allgemeinen Ruhezeiten nicht in der Nähe von Wohngebieten arbeiten.»
Benjamin Keil, Hofleiter Spargelhof
Volle Regale
Bis hierhin haben wir nur den Aspekt der Ernte betrachtet. Doch mit der Ernte ist es natürlich nicht getan. Je nach Kultur, müssen Produkte gekühlt, gewaschen, kommissioniert, eingefroren oder transportiert werden. Getreide wird z.B. nach der Ernte in die Getreidesammelstelle gefahren – unser zugewiesener Zeitslot lag dieses Jahr an einem Sonntagnachmittag.
In der Schweiz gibt es ein Fahrverbot für schwere Fahrzeuge (wie z.B. Lastwagen oder Traktoren) an Sonntagen sowie in der Nacht. Doch auch hier gelten wieder Sonderregelungen für explizit landwirtschaftliche Fahrten (Verkehrsregelnverordnung, Art. 91a) – dieses gilt für eben solche Getreidetransporte, aber auch für die Logistik zwischen Bauernhof und Detailhandel. Denn in der Regel sollten Frischprodukte nach der Ernte so schnell wie möglich zur Kundin oder dem Kunden gelangen. Diese erwarten volle Regale – auch am Montagmorgen…
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