Zu Jucker Farm
Feuerbrandbefall
von Valérie

Pflanzenkrankheiten 2: Feuerbrand

Aus aktuellem Anlass stellen wir euch eine weitere Pflanzenkrankheit vor. Und was für eine! Leider ist vor ca. 2 Wochen der Feuerbrand bei uns auf dem Juckerhof ausgebrochen. Auch auf einer unserer «Aussen-Obstanlagen» in Gossau, wo 4 HA Äpfel wachsen. Der Feuerbrand ist so gefährlich, dass ein Befall bis letztes Jahr noch an die zuständige kantonale Stelle gemeldet werden musste.

Seuchenschutz im Obstgarten

Kurz nachdem die erste Welle Corona durch ist, könnte Petra Hager – Obstbau-Verantwortliche in Seegräben – bereits wieder in Seuchenmontur herumlaufen. «Corona hat uns im Obstbau nicht wirklich betroffen. Wir waren ja draussen», sagt sie. Ganz anders ist das jetzt mit dem Feuerbrand.

Der Feuerbrand wird durch ein Bakterium übertragen und ist für Kernobstbäume wie Apfel, Birne oder Quitte hochansteckend. So ansteckend, dass Petra eigentlich einen Schutzanzug und Handschuhe tragen müsste, wenn sie in den Obstanlagen unterwegs ist.

Hochansteckendes Bakterium

«Fass ja nichts an», sagt sie, als ich mich auf den Weg mache, um Fotos von betroffenen Stellen zu machen. «Arboral distancing» heisst das dann wohl.

Die Feuerbrandbakterien vermehren sich vor allem bei feucht-warmem Wetter gut und werden durch Wind, Regen, Vögel, Bienen oder infiziertes Arbeitsmaterial übertragen. Die Bakterien dringen über die Blüten in die Pflanze ein. Die Zweige sterben ab und werden braun-schwarz, fallen jedoch nicht ab. Der Name kommt daher, weil die befallenen Pflanzenteile so «verbrannt» aussehen.

Dabei gibt es den Feuerbrand noch gar nicht lange in der Schweiz. Erst 1989 trat er hierzulande erstmals auf. Und seither ist man ihn nicht mehr losgeworden.

Feuerbrand am Baum

Über Blüten dringen die Feuerbrandbakterien ein...

Feuerbrand Fliessmuster

...und wandern fliessend ins Bauminnere.

Was kann man gegen Feuerbrand tun?

Eine direkte Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln ist nicht möglich. Allerdings kann man Präventivmassnahmen treffen. Es gibt sogar biologische Schutzmittel: «Myco-Sin»; Schwefelsaure Tonerde und Schachtelhalmextrakt zur Stärkung der Immunabwehr der Pflanze oder «Blossom Protect»; ein Produkt auf Hefebasis, das einen Schutzfilm über die Blüte legt. Diese Mittel werden in der Blütezeit mehrfach angebracht, um die Pflanzen zu schützen.

Das haben wir auch gemacht, doch dieses Jahr war der Krankheitsdruck aufgrund der Witterungsbedingungen so gross, dass sich der Feuerbrand trotzdem durchsetzen konnte. Zudem ist die Lage der Obstanlage in Gossau schwierig: «Die Bäume befinden sich in einer Mulde, in der sich die Feuchtigkeit und der Tau förmlich stauen. Zusammen mit der Wärme im Frühling waren das paradiesische Bedingungen für Bakterien», sagt Petra Hager.

Skalpell bitte

Wenn es mal soweit ist, muss man sozusagen «chirurgisch» vorgehen und befallene Äste grosszügig entfernen.

Früher, da hätte man gleich die gesamte Anlage abgesägt und verbrannt, um eine Ausbreitung zu verhindern. Heute reicht es, wenn Petra die betroffenen Äste wegschneidet und vernichtet.

«Der Feuerbrand breitet sich immer von der befallenen Blüte ins Innere des Baumes aus. Man muss die Äste so schnell wie möglich erwischen, sonst kann man gleich den ganzen Baum austun», erklärt Petra. Eine besondere Herausforderung sei auch, bei der Arbeit das Bakterium nicht auf andere Äste oder sogar Bäume zu übertragen. Es ist höchste Vorsicht geboten.

Kontrollieren, kontrollieren, kontrollieren

Im Obstbau bedeutet ein Feuerbrandbefall vor allem viel Arbeit und ein ständiges Damoklesschwert, das über einem hängt. Petra wird in den nächsten Wochen ständig wachsam sein müssen, ob nicht immer wieder neue Triebe befallen sind.

«Feuerbrand macht – sofern es gelingt, ihn in Schach zu halten - keine grossen Ertragsausfälle. Wenn man aber zu spät eingreift, kann man die ganze Anlage verlieren und steht vor dem Nichts», sagt Petra Hager.

Es ist sehr viel Arbeit.

 

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PFLANZENSCHUTZTHEMA

Der Pflanzenschutz ist derzeit ein Thema, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Da wir hier nahe am Puls der Praxis sind, wollen wir aufzeigen, welche Problemstellungen sich täglich stellen und warum wir entscheiden, wie wir entscheiden. Damit der Konsument erkennt, wie seine Einkaufsentscheide die Art der Produktion beeinflussen.

In einem Übersichtsartikel fächern wir die verschiedenen Aspekte der Thematik auf. Momentan befinden wir uns in der Diskussion hier:

Juckerfarm Infografik Pflanzenschutz Pflanzenkrankheiten

Valérie ist Vollblutautorin des FarmTickers und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

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