Zu Jucker Farm
Herbizid freie Erdbeeren
von Valérie

Erdbeeren und Kirschen ohne Herbizid

2021 haben wir unsere Erdbeeren und Kirschen in Rafz bzw. Freienstein erstmals komplett herbizidfrei angebaut . Ein weiterer Schritt, mit dem wir in Richtung regenerativer Landwirtschaft machen.

Was sind Herbizide?

Herbizide sind Pflanzenschutzmittel, die im Anbau auf dem Feld Unkraut vernichten sollen, die die Kulturpflanzen sonst im Wachstum beeinträchtigen oder gar komplett verdrängen würden. In der Schweiz wurden 2018 noch knapp 600 Tonnen Herbizide eingesetzt. Das wohl bekannteste und umstrittenste Herbizid ist Glyphosat, was ungefähr ein Viertel der Gesamtmenge an Herbiziden ausmacht. Im privaten Garten und im Bereich von Wegen und Plätzen ist dessen Einsatz seit 2001 verboten (Quelle: admin.ch).

In der Landwirtschaft ist der Einsatz von Glyphosat noch erlaubt, aber stark rückläufig. Der Einsatz von Herbiziden ist  gemäss agrarbericht.ch in den letzten Jahren um rund ¼ gesunken. Parallel dazu ist auch der Glyphosat-Verkauf in der Schweiz kontinuierlich gesunken, wie ein Artikel der Agrarmagazins die Grüne zeigt.

Hacken statt spritzen

Auch auf dem Spargelhof wurde Glyphosat eingesetzt. «Glyphosat bekämpft das Unkraut bis in die Wurzel hinein. Das erreichen andere Mittel nicht, die zerstören nur das Blattwerk. Und dann sind dafür mehrere Behandlungen nötig», erklärt unser Produktionsprofi aus Rafz.

Die chemische Unkrautbekämpfung war uns aber schon länger ein Dorn im Auge und wir haben schon früh versucht, stattdessen zu hacken. Hacken bedeutet, man zerstört das Unkraut mechanisch. «Ich habe mir zum Ziel gesetzt bis 2025 biokonform zu wirtschaften. Nicht biozertifiziert, das ist ein Unterschied», betont er. Denn er möchte sich nicht vorschreiben lassen, wie er zu produzieren hat.

Die Erdbeeren wurden schon länger auf Dämmen kultiviert und durch Folie vor Unkraut geschützt. Auf dem Damm wurde das Unkraut auf diese Weise ausgebremst. Doch in den Reihen zwischen den Dämmen blieb das Unkrautproblem bestehen.

Hacken statt Herbizid

Mit dieser Spezialanfertigung der Marke Eigenbau wurde gehackt.

Dann wurde zwischen den Dämmen grosszügig Stroh verteilt.

Stroh statt Herbizid

Das Stroh unterdrückt die meisten Unkräuter im Wachstum.

Kirschen hacken statt Herbizid

Nach dem Hackdurchgang sind die Unkräuter links und rechts von den Kirschbaumreihen eliminiert.

Nach Behandlung mit Fadengerät

Mit dem Fadengerät werden die Zwischenräume zwischen den einzelnen Kirschbäumen bearbeitet.

Die Lösung selber «gebastelt»

Beim Hacken war die Herausforderung, möglichst nahe an den Plastik ranzukommen, um möglichst alles Unkraut zu erwischen. Doch die Zinken der Federzinken-Hackmaschine haben immer wieder die Folie zerfetzt. Das war natürlich nicht Sinn der Sache.

Das Problem gelöst hat schlussendlich eine selbstgebaute Konstruktion mit einer rollenden Sternhacke, die durch zwei Schubkarrenräder geführt wird. «So kommt man 2-3 cm an die Folie ran, ohne sie zu zerstören, da die Räder dafür sorgen, dass die Zinken immer den gleichen Abstand zur Folie haben.»

Jeden Winter fahren unsere Profis vom Feld 4-5-mal durch die Anlage, um das Unkraut zu zerstören. Damit das Unkraut während der Wachstumsphase der Erdbeerfrüchte nicht wieder stören kann, wurden die Reihen zwischen den Erdbeerpflanzen nun besonders grosszügig mit Stroh bedeckt. Dieses unterdrückt nun das Unkraut. Nur etwas Gras wächst noch zwischendurch, aber das stört nicht.

Auch bei den Kirschen erfolgreich

Auch bei den Kirschanlagen im Freienstein, die wir bewirtschaften, ist es 2021 gelungen, die Kirschen komplett herbizidfrei anzubauen. Eigentlich war in einem ersten Versuch erst einmal geplant, die Fläche in drei verschiedene Parzellen zu teilen und unterschiedlich zu behandeln. Doch der Zufall wollte es, dass gleich alles gehackt wurde, anstatt mit Herbizid behandelt und das hat jetzt im ersten Anlauf direkt so gut geklappt, dass man gleich die ganze Fläche herbizidfrei produzieren konnte.

Zwei Durchfahrten mit der Hacke sorgten dafür, dass das Unkraut zwischen den Reihen nicht richtig wachsen konnte. Für ein Ausbremsen des Unkrauts innerhalb der Reihen, zwischen den einzelnen Bäumen wurde noch mit dem Fadengerät nachgeholfen. Das soll uns insbesondere gegen einen exzessiven Mäusebefall helfen, die sich sonst im hohen Gras einnisten würden. Zudem nimmt das Unkraut so unseren Kulturpflanzen keine Nährstoffe weg.

«Bei der chemischen Unkrautbekämpfung hätte eine Durchfahrt gereicht.»

Unser Produktionsleiter

Vier bis fünfmal mehr Arbeit

Doch die mechanische Unkrautbekämpfung hat nicht nur Vorteile: «Bei der chemischen Unkrautbekämpfung hätte eine Durchfahrt gereicht. Ist halt die Frage, was wirklich umweltfreundlicher ist», gibt unser Produktionsleiter zu bedenken. Denn je mehr Durchfahrten mit dem Traktor, desto stärker wird der Boden verdichtet und die Abgase vom Traktor sind auch nicht zu vernachlässigen. Hier hoffen wir auf die ersten E-Traktoren. Zudem ist der Arbeitsaufwand hacken– selbst wenn das Hacken maschinell geschieht - vier bis fünfmal höher als bei der chemischen Unkrautbekämpfung. Entsprechend würde sich das im Preis der Erdbeeren niederschlagen.

verfaulte und unreife Erdbeeren

Der Start der Erdbeersaison dieses Jahr war alles andere als optimal (Bild von 2019, entspricht aber den Zuständen diesen Jahres).

Erdbeerfeld mit Vlies bedeckt

Das Vlies musste wegen der wechselnden Witterungsbedingungen mehrfach geöffnet und wieder geschlossen werden.

Ausnahmen erlaubt

In ganz nassen Jahren kann es aber schwierig werden mit dem Hacken. Denn bei nassen Böden können wir nicht mit den Maschinen für mechanische Unkrautbehandlung durchs Feld fahren. Die Folge: Wir müssen alles von Hand machen. Zudem ist der Krankheitsdruck dann viel grösser. Die Stossrichtung ist klar: Wir möchten ohne Herbizid auskommen und meist gelingt uns das auch. Ein hundertprozentiges Verbot wollen wir uns aber nicht auferlegen.

Es ist durchaus möglich, dass es immer mal wieder Konstellationen gibt, die einen dosierten Einsatz trotzdem nötig machen.

Schwieriger Start in die Erdbeersaison

Überhaupt können wir froh sein, über jede einzelne Erdbeere, die wir heuer ernten können. Die Wetterbedingungen zum Start der Erdbeersaison waren heuer ziemlich miserabel. Wegen des nassen Wetters faulten uns sogar die unreifen Erdbeeren unter den Fingern weg. Entsprechend tief ist die Erntemenge. «Dieses Jahr (2021) habe ich das Vlies gegen die kalten Temperaturen erst am 14. Mai entfernt. In anderen Jahren war das mindestens 2 Wochen früher der Fall», sagt unser Produktionschef. Auch da war der Arbeitsaufwand gross. Wegen der immer wieder wechselnden Witterungsbedingungen mussten wir das Vlies zur Regulation der Temperatur mehrfach öffnen und wieder schliessen. Das haben wir in diesem Jahr über 30 mal gemacht. Und nicht nur einmal wurde das Vlies «vom Winde verweht».

Im Moment kann sich jeder glücklich schätzen, der eines der wertvollen Schälchen ergattern kann. Hinter jeder einzelnen Erdbeere steckt dieses Jahr besonders viel Arbeit. Das ist sozusagen pures Gold 😉. Mein Opa würde sagen: «Die musst du mit Verstand essen».

Valérie ist Vollblutautorin des FarmTickers und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

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