Zu Jucker Farm
von Valérie

Was wurde aus der Unterhose?

Vielleicht erinnert ihr euch an die etwas skurrilen Bilder unserer Obstbäuerin Petra mit einer mit Erde verschmierten, zerlöcherten Unterhose in der Hand.

Im April 2021 hatten wir 2 Unterhosen vergraben. Einen Monat später wurde die erste, zwei Monate später die zweite Unterhose ausgegraben und auf ihren Zersetzungsgrad hin untersucht. Wir waren einer von 880 Teilnehmern des Projekts «Beweisstück Unterhose». Dieses hat sich zum Ziel gesetzt zu untersuchen, inwiefern anhand dieses Versuchs Rückschlüsse zur Bodengesundheit gemacht werden können. Zusätzlich zum Abbauversuch wurden weitere Messungen vorgenommen bezüglich

  • Körnung,
  • PH-Wert,
  • Kohlenstoff-, Phosphor- und Kaliumgehalt,
  • der potenziellen Kationen-Austausch-Kapazität
  • und der Basensättigung.

Dies sind alles Indikatoren für die Qualität des Bodens (mehr dazu hier). Diesen Sommer waren die Ergebnisse unserer Bodenanalyse dann endlich da, höchste Zeit, euch ins Bild zu setzen.

Verschiedene Kriterien

Wie oben erwähnt, wurden verschiedene Werte zur Beurteilung unseres Bodens am besagten Messort in Seegräben vorgenommen. Wir schnitten bei fast allen Indikatoren gut bis sehr gut ab.

Abbaugeschwindigkeit

Unsere Unterhose war nach 2 Monaten zu 49% abgebaut. Das entspricht einem durchschnittlichen Wert und liegt im Normbereich zwischen 20 und 60%. Der höchste im Experiment gemessene Abbau betrug 93%, der tiefste 1%. Die Aktivität der Bodenlebewesen spielt also eine massgebliche Rolle dabei, wie rasch fremde Stoffe abgebaut werden. An der gemessenen Stelle waren bei uns die Bodenlebewesen durchschnittlich aktiv.

Körnung / Tongehalt

Ein weiterer Indikator ist die Körnung. Hier geht es um die Zusammensetzung des Bodens in Bezug auf seinen Ton-, Schluff- und Sandanteil. Es gibt tonhaltige, schwere Böden und sandhaltige, leichte Böden. Unser Tonanteil lag bei 22% und ist somit ein «mittelschwerer» Boden und liegt im optimalen Bereich. Wenn der Tongehalt höher als 35% ist (schwerer Tonboden) platzt er bei Trockenheit auf. Ausserdem ist er anfällig für Verdichtung und Staunässe. Eine Durchwurzelung ist schwierig. Ein zu sandiger Boden mit einem Tonanteil unter 15% hingegen kann Feuchtigkeit und Nährstoffe nicht so gut speichern. Deshalb ist hier eine Mischung von beidem ideal.

PH-Wert

Auch unser PH-Wert liegt mit 7.2 im optimalen Bereich. Bei einem PH-Wert unter 5.5 (sehr saurer Boden) oder über 7.5 (sehr basischer Boden) müssten Massnahmen ergriffen werden. Der PH-Wert hat einen Einfluss auf die Nährstoffaufnahmefähigkeit der Pflanzen sowie auf die Aktivität von Mikrolebewesen wie Bakterien und Pilze. Ist der PH-Wert zu hoch oder zu tief, entsteht hier ein Ungleichgewicht.

Organischer Kohlenstoff / Humus

Hier geht es sowohl um den Humusgehalt als auch um die Qualität des vorhandenen Humus. Beides liegt bei uns in einem vernünftigen Bereich. Mit 5.7 % organischem Kohlenstoff liegen wir im guten Mittel zwischen (2 und 10%). Das C/N-Verhältnis bezeichnet, wie viel Kohlenstoff im Verhältnis zu Stickstoff vorhanden ist. Dieses liegt bei uns bei 10, optimal ist alles unter 15.

Organische Bodensubstanz entsteht beim Abbau von Wurzeln und deren Ausscheidungen, auf dem Feld belassene pflanzliche Reste, zugeführten Dünger etc. So werden Nährstoffe für die Pflanzen wieder verfügbar gemacht. Humus ist wie ein Schwamm. Je mehr Humus, desto mehr Nährstoffe sind im Boden gespeichert, desto stabiler ist der Wasser- und Lufthaushalt.

Zu viel Humus kann es eigentlich nicht geben. Aber nicht jeder Boden hat die gleiche Fähigkeit, Humus zu bilden und zu halten. Für die meisten Böden ist ein Humusgehalt zwischen 2 und 10 % ein gesunder Wert, mit dem man arbeiten kann.

Kaliumgehalt

Kalium ist ein wichtiger Pflanzennährstoff und steuert deren Stoffwechselvorgänge (z.B. Regulierung Wasserhaushalt). Ist zu wenig davon da, kriegen die Pflanzen Mangelerscheinungen wie z.B. welke oder schlaffe Blätter.

Der Kaliumgehalt in unserem Boden ist genügend hoch. Ab 12 mg K/kg ist alles gut, unser Wert liegt bei 148 mg K/kg. Hier gilt: Je höher desto besser. Wir liegen komfortabel drüber.

Potenzielle Kationen-Austausch-Kapazität (KAK pot.)

Der Kennwert mit der lustigen Abkürzung beschreibt die Fähigkeit des Bodens, Nährstoffe zu speichern und wieder abzugeben. Die «Nährstoff-Leitfähigkeit», sozusagen. Sie liegt bei uns bei rund 46 cmol/kg Boden. Hier sollte der Wert bei mindestens 12 cmol/kg Boden liegen. Sie ist somit genügend hoch. Auch hier gilt: Je höher desto besser.

Die Kationen-Austausch-Kapazität hängt sowohl von der chemischen Zusammensetzung wie auch von der mechanischen Beschaffenheit des Bodens ab. Ist sie zu tief, nützen alle vorhandenen Nährstoffe nichts, da sie nicht verarbeitet werden können.

Basensättigung

Die Basensättigung ist ein weiterer Indikator für die Bodenfruchtbarkeit. Sie zeigt an, wie viele «Andockstellen» an Tonmineralien von basischen Nährstoffen anstelle von Wasserstoff belegt sind. Je mehr basische Nährstoffe, desto besser. Bei uns liegt diese bei 89%. Alles über 80% ist optimal. Auch hier liegt also alles im grünen Bereich.

Phosphorgehalt

Phosphor ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe. Zu wenig ist nicht gut. Der Boden kann aber auch zu viel Phosphor enthalten. Das ist nicht gut für gewisse Pilze im Boden (die wiederum bei der Nährstoffübertragung helfen würden) und – falls es ausgewaschen wird – nicht gut für die Umwelt, wenn es in Gewässer gelangt.

Das ist der einzige Wert, der an der bei uns untersuchten Stelle nicht zufriedenstellend war. Der Phosphorwert lag mit 10 mg P/kg Boden viel höher als der optimale Bereich (0.6 – 3 mg P/kg). Das heisst, der Boden war bisher überdüngt. Upsi. Hier muss sich was ändern.

Ich habe bei Obstbäuerin Petra nachgefragt, woran das liegen könnte: «Da wo wir den Versuch durchgeführt haben, stand davor jahrelang die Heidelbeeren-Selberpflückanlage. Hier wurde offenbar überdüngt. Da nützte auch das Zwischenjahr mit der Biodiversitätswiese nichts. Viel machen kann man nicht, ausser zu warten. Jetzt mit dem Wildkulturgarten wird hier ohnehin nicht mehr gedüngt und der Boden grundsätzlich in Ruhe gelassen. Das ist mehrheitlich auch das, was man bei einem zu hohen Phosphorgehalt tun sollte», erklärt sie.

Alle anderen Werte unseres Bodens waren in Ordnung, weshalb man davon ausgehen kann, dass sich der Phosphorgehalt innert nützlicher Frist von selbst regulieren sollte.

Ob sie mal wieder eine Bodenmessung vorzunehmen plant, frage ich Petra: «Ja, das wäre natürlich sehr spannend, wie sich diese Werte über die Jahre verändern. Gerade weil wir von einer Monokultur mit Heidelbeeren jetzt auf Permakultur umgestellt haben.»

Wenn dem so ist, werden wir euch selbstverständlich daran teilhaben lassen.

 

PS: Wer sich noch genauer für die Messwerte im Boden und deren Bedeutung interessiert, wird in diesem Info-PDF des Unterhosenprojekts sehr gut aufgeklärt.

Valérie ist Vollblutautorin des FarmTickers und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

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