Bürokratiemonster Spuckschutz und Co.
Wir stehen auf Kriegsfuss. Der Gegner heisst Spuckschutz. Ein Unding, wahlweise aus Glas und Metall oder – noch schlimmer – aus Plastik, das in Hofrestaurant und Hofladen zum Schutze unserer Speisen und Produkte im Offenverkauf angebracht wird. Werden MUSS. Die an sich sinnliche Begegnung mit dem in Kürze zu erwartenden Mittagessen wird gestört durch eine Scheibe. Zum Schöpfen manövriert man halt – mehr oder weniger geschickt – den Ärmel zwischen Spuckschutz und Buffet hindurch und hebelt sich im einzig möglichen Winkel das Essen auf den Teller.
Es passiert schon mal, dass der Eintopf auf dem Löffel unkoordiniert an besagter Scheibe landet und der nachfolgende Gast schon gar nicht mehr sieht, was er darunter hervorschöpfen soll. Der Spuckschutz ist Paradebeispiel regulatorischer Auswüchse, die in besonders unattraktiver Form zur Realität werden.
Auf gut Deutsch: Es ist einfach verdammt unsexy. Im idyllischen Bauernhof-Ambiente knallt man beim näheren Hingucken mit der Stirn in diese unsägliche Manifestation der Lebensmittelbürokratie. Peng.
Geht auch anders
Lustigerweise gibt es nach wie vor Orte, die auch ohne Spuckschutz auskommen. Aus dem einfachen Grund, weil der «Lebensmittler» noch nicht vorbeigekommen ist. Oder weil man das Glück hat, in Ländern zu wirtschaften, wo der Pragmatismus manchmal noch obsiegt.
Wie dem auch sei, Jucker Farm scheint seinen Idyllebonus – zumindest bei den öffentlichen Ämtern - schon vor Jahren verspielt zu haben, weswegen uns immer besonders genau auf die Finger geschaut wird.
Nun, wir halten uns daran und montieren diese unsäglichen Installationen – biedere Keuschheitsgürtel für unser Essen - aber wir tun es ungern und unter Protest ;-).
Weitere ungeliebte Bürokratiemonster
Und der Spuckschutz ist nur eine von unzähligen Vorschriften die es nun mal gibt. Weil sie in der Theorie durchaus Sinn machen. Aber in der Praxis nehmen sie manchmal absurde Formen an. Wir haben noch mehr davon... (unten geht's weiter).
Ein solches Beispiel ist die Konfitüre. Wir haben dem Thema im November 2015 einen ganzen Artikel gewidmet. Kurz zusammengefasst: Die Konfitüre darf seit einigen Jahren nämlich nur noch als solche bezeichnet werden, wenn sie mindestens 50% Zucker enthält. Unsere «Confi» hätte – wenn es nach unserem Geschmack ginge – nicht ganz so viel Zucker drin. Aber weil wir es mit unserem bäuerlichen Kulturempfinden so gar nicht vereinbaren können, unsere gute alte «Confi» als norddeutschen «Fruchtaufstrich» zu bezeichnen, haben wir eben das Rezept angepasst und mehr Zucker in die Confi getan.
Oder die Episode von einem einfachen Zaun, der beinahe den «Rostigen Paragrafen» erhalten hätte:
Jucker Farm-Obstbauchef Stefan Bächli wollte die Obstanlage in Robenhausen umzäunen lassen. Unglaublich aber wahr: Dafür musste ein Baugesuch eingereicht werden. Um die Pläne nach den Vorgaben korrekt zu zeichnen, musste ein Architekt engagiert werden.
Insgesamt dauerte der ganze Prozess mehr als 4 Monate, das Erstellen des Zauns war innerhalb eines halben Tages erledigt. Der Bewilligungsprozess und alle damit verbundenen Kosten waren teurer, als der Zaun selbst…
Abschliessend ein versöhnliches Wort: Wir verstehen, dass gewisse Vorschriften Sinn machen. Als Unternehmer wünschte man sich manchmal mehr Freiheit, Spontanität und Urteilen nach Augenmass…
Nachtrag
Ehrlicherweise müssen wir nun doch noch die Ergebnisse unserer Instagram-Story-Umfrage anfügen. Diese hat ergeben, dass 149 Leute das Anbringen von Spuckschutz durchaus befürworten und nur 49 den überflüssig finden ;-P. Spuckschütze scheinen demnach durchaus ein öffentliches Interesse zu sein. Nostra culpa. Aber unsexy ist es trotzdem.
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