Äpfel noch länger lagern
Die Äpfel sind eingebracht, wir stecken mitten im Herbst. Diejenigen Äpfel, die zu den Lagersorten gehören, werden uns noch bis in den Frühling hinein begleiten. Manche Sorten gar bis zum nächsten Sommer.
Möglich ist dies nur dank moderner Lagertechniken. Das CA-Lager (CA steht für «controlled atmosphere») haben wir hier auf FarmTicker bereits vorgestellt. Doch es gibt noch einen Trick aus der Zauberkiste der wissenschaftlichen Cleverheiten: Ethylenblocker. Klingt schrecklich, ist aber ziemlich eine coole Sache.
Die kommen mit feschen Namen daher wie: SmartFresh, EthylBloc oder AgroFresh. Die chemisch korrekte Bezeichnung lautet 1-Methylcycloproben.
Wie funktioniert das?
Ethylen ist ein Pflanzenhormon, das den Reifeverlauf und die Alterung von Früchten reguliert. Wer sich den Prozess genauer zu Gemüte führen möchte, wird hier schlau (agrarforschungschweiz.ch)
Bis zu 10 Tage nach der Ernte werden die Äpfel im Lager mit den Ethylenblockern 24 Stunden lang begast. Der Effekt: Die Alterung wird verzögert, indem die Ethylen-Rezeptoren in den Zellmembranen der Frucht blockiert werden. Der Alterungsprozess wird somit verlangsamt. Solange der Apfel gekühlt ist, bleiben diese Rezeptoren blockiert. Sobald er an die Wärme kommt, kann der Apfel neue Ethylen-Rezeptoren bilden und der Reifeprozess wird fortgesetzt. Eine solche Behandlung wirkt also, als hätte man einmal im Reifeverlauf auf die Pausen-Taste gedrückt.
Bis zu 12 Monate Lagerung
Das synthetisch hergestellte Mittel ist seit 2005 in der Schweiz zugelassen. Durch dessen Anwendung kann die Lagerdauer gegenüber der gewöhnlichen Kühllagerung um 3-6 Monate verlängert werden (agrarforschungschweiz.ch).
Das ist noch etwas länger als die Lagerung im CA-Lager (2-5 Monate). Noch stärker ist eine Kombination von beiden. Gemäss einer Studie (2007: Obst-Weinbau Nr. 143, Gabioud et. al) bleibt der Apfel durch eine Kombination von CA-Lager und MCP Behandlung am längsten frisch, nämlich bis zu einem Jahr (bei einigen Sorten). An zweiter Stelle folgt – mit einigem Abstand die CA-Lagerung, dann die MCP Behandlung im normalen Kühllager und am Schluss das normale Kühllager. Der Vorteil einer solchen Behandlung ist allerdings nicht bei allen Apfelsorten gleich gross.
Cool dabei: Der Stoff ist nach aktuellem Kenntnisstand unbedenklich und nach der Behandlung sind keinerlei Rückstände nachweisbar (zusatzstoffmuseum.de). Also nichts Giftiges wie bei Pestiziden. Bei Stiftung Warentest heisst es: «Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält MCP für unbedenklich».
Im Biolabel darf der Stoff trotzdem nicht angewendet werden, vornehmlich aus dem einfachen Grund, dass er synthetischen und nicht natürlichen Ursprungs ist. Scheinbar wird die Zulassung aber immer wieder diskutiert.
Nicht für alle Äpfel geeignet
Klingt alles super, doch einen Wermutstropfen gibt es: Die MCP-Behandlung ist nicht für alle Apfelsorten geeignet. Bei einigen Sorten wie z.B. Braeburn kommt es vermehrt zu einer Kernhausbräune. Und nicht bei allen Sorten funktioniert die Blockierung des Ethylenrezeptors gleich gut (wikipedia.org) Manche Sorten reifen trotzdem nach. Gut geeignet für die MCP-Behandlung sind zum Beispiel Gala, Rubinette und Jonagold.
MCP bei uns
Auch wir behandeln seit Jahren einige Sorten mit MCP. Allerdings nicht alle. Man meldet Bedarf an, dann kommt eine Fachperson vorbei und bringt einen kleinen Behälter mit dem Wirkstoff im Kühlraum an. Dieser wird luftdicht verschlossen und nach 24 Stunden konstanter Luftumwälzung ist die Behandlung abgeschlossen. Bezahlt wird nach m3 Luft im Kühler. Bei jeder Behandlung werden Kontrolläpfel und behandelte Äpfel für spätere Überprüfungen der Wirksamkeit entnommen.
Stefan Bächli, Obstbauchef auf dem Bächlihof, erzählt: «Bei unserer Kühlergrösse habe ich immer verschiedene Sorten im gleichen Raum. 80% unserer Lagersorten werden behandelt. Ausschlaggebend ist, wann bei uns das Lager voll ist. Auf unsere gesamte Apfelproduktion gesehen bekommt jedoch nur ein kleiner Teil diese Sonderbehandlung.» Stefan Bächli sieht die Anwendung sehr positiv: «Ich denke, das ist eine der wichtigsten Entwicklungen in der Lagertechnik der letzten Jahre (…) Die Äpfel bleiben länger knackig und die Vitamine darin bleiben besser erhalten. Ausserdem haben wir auch weniger Lagerschwund». MCP reduziert also auch Foodwaste – was sehr begrüssenswert ist.
Zum Schluss würde uns interessieren: Wie stehst du zum Einsatz von solchen «Helfern» auf synthetischer Basis? Sollte man sie vermeiden, weil sie keinen natürlichen Ursprung haben oder ist es eine gute Sache, dass man damit die Lagerfähigkeit verbessern und somit auch Foodwaste reduzieren kann?
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