Zu Jucker Farm
Das eigene Label ist gut genug
von Valérie

Kein Fan von Labels

Man hat das Gefühl, es gebe sie wie Sand am Meer: Labels, die Produkte im Detailhandel genauer beschreiben sollen - bezüglich Produktionsweise oder Herkunft.

Ganz ehrlich; wer hat hier noch den Überblick? Und wieviel Orientierungshilfe bietet so ein Label wirklich? Die grosse Unübersichtlichkeit ist einer der Gründe, warum wir uns bisher bewusst keinem Label angeschlossen haben. Aber nicht der Einzige.

Labels: Hans was Heiri?

Vorab: Wir werden in diesem Artikel nicht alle Labels und deren Kriterien auflisten. Das haben andere Seiten bereits sehr übersichtlich getan.

Zum einen Bioaktuell.ch aber auch das Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL). Eine hilfreiche Einordung bietet auch der WWF.

Grundsätzlich ist die Absicht hinter der Schaffung eines Labels sicher eine gute: Man möchte dem Bedürfnis der Kundinnen, unter bestimmten Bedingungen produzierte Lebensmittel auch entsprechend auszuzeichnen, Rechnung tragen. In der heutigen Zeit geht es fast nicht anders. Vielfach findet zwischen Produzent*in und Konsument*in keine Kommunikation mehr statt. Insbesondere dann, wenn das Produkt den Weg über den Grossverteiler nimmt. Das Label verkommt zur einzigen Referenz. Es ist eine Art Gütesiegel, die die fehlende Einsicht der Konsumierenden in die Produktion ersetzen soll.

«Ein Label erzählt nie die ganze Geschichte».

Das Label erzählt nie die ganze Geschichte

Das Problem hier ist; Ein Label erzählt nie die ganze Geschichte – kann es auch gar nicht. Es ist die am stärksten verkürzte aller Kommunikationsformen. Und in der Regel kann der Durchschnittskunde nicht alle Kriterien aufzählen, die ein Produzent für das Label zu erfüllen hat. Vielleicht hat er mal nachgelesen, dass die Produktionsstandards generell eher seinem ethischen Kompass entsprechen – und gut ist.

Am Beispiel Bio kann er davon ausgehen, dass folgende Kriterien erfüllt sein sollten:

• Berücksichtigung von natürlichen Kreisläufen und Prozessen
• Hohe Naturbelassenheit und Qualität
• Artgerechte Tierhaltung, ausreichend Freilandhaltung und Weidegang
• Geringe Belastung der natürlichen Ressourcen
• Fokus auf Bodenfruchtbarkeit
• Zur Regulierung von Schädlingen, Pilzkrankheiten und Unkräutern werden schonende Techniken verwendet (keine chemisch-synthetischen Hilfsmittel)
• Hofdünger und Kompost anstelle von Kunstdünger
• Kein Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen
• Schonende Verarbeitung
• Nur natürliche Aromen
• Minimaler Einsatz von Zusatzstoffen (z.B. keine Farbstoffe, keine Konservierungsmittel)

Quelle: fibl.org

«Statt einem Label hinterherzurennen, handeln wir so, dass wir wirklich dahinter stehen können».

Mal abgesehen davon, dass viele davon relativ schwammig formuliert sind: Alles «dazwischen» wird nicht erfasst. Also: Werden zum Beispiel robuste Sorten angebaut? Erfüllt ein Betrieb all diese Kriterien, aber 1 nicht? Erfüllt ein Betrieb alle Kriterien für die Produktion eines Lebensmittels, aber für eine andere Kultur nicht ganz? Werden zwar keine chemisch-synthetischen Hilfsmittel eingesetzt, dafür aber ein Vielfaches an Fahrten durch die Anlagen mit einem dieselbetriebenen (!) Traktor notwendig? Bio ist nicht per se nachhaltig. Und genau da hakt es für uns eben.

Besser: Kommunikation und Kundenbeziehung

Wie wir schon mehrfach erwähnt haben, haben wir uns bewusst entschlossen, uns NICHT mit Bio zertifizieren zu lassen. Das sind einige Artikel davon:

Wichtiger Einschub: Wir wollen kein Bio-Bashing betreiben. Die Bioproduktion hat absolut ihre Berechtigung. Uns geht es darum zu erläutern, warum die Lösung für uns nicht passt. Denn anstatt einem Label hinterherzurennen, handeln wir so, dass wir wirklich dahinter stehen können und bauen lieber auf eine gute Kundenbeziehung. Für uns ist der Name Jucker Farm gut genug. Unsere Marke soll per se für eine nachhaltige Form von Landwirtschaft stehen. Entsprechend richten wir unsere Kommunikation aus. Wir kommunizieren transparent und häufig. Erklären Zusammenhänge und Entscheide. Auch über Pannen und was wir daraus lernen. Das tut manchmal weh, schafft aber längerfristig Vertrauen. Genau dafür ist der FarmTicker da: Um die Kommunikation zwischen uns als Produzenten und unseren Kund*innen aufrecht zu erhalten.

«Dass wir keinem offiziellen Label angehören, hat uns auch schon Probleme gemacht».

Doch wir sind in einer privilegierten Situation. Nicht alle Bauern haben die Zeit und die Infrastruktur, ihre Geschichte so gut an die Kunden zu bringen. Und nicht zuletzt haben wir es geschafft, eigene Vertriebskanäle zu etablieren und sind nicht auf die Kommunikation via Label im Grossverteiler angewiesen.

Dass wir keinem offiziellen Label angehören, hat uns auch schon Probleme gemacht. Es ist vorgekommen, dass wir wegen eines fehlenden Bio-Labels aus dem Sortiment gefallen oder beim Einkauf schon gar nicht berücksichtigt worden sind. So etwas kann man nur abfangen, wenn man nicht zu 100% abhängig von einer Partnerschaft mit einem Grossverteiler angewiesen ist.

 

Und jetzt würde uns Wunder nehmen: Achtet ihr beim Einkauf auf Labels? Wenn ja, auf welche? Und würdet ihr euch wünschen, dass Jucker Farm ein Label hat? Oder findet ihr es gut so wie es ist?

Valérie ist Vollblutautorin des FarmTickers und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

Beiträge von Valérie
4 Kommentare zu “Kein Fan von Labels”
    Toni Seeholzer

    Habe kein Problem, wenn Sie in keinem Label mit dabei sind. Schlussendlich ist es massgebend, wie der Landwirt produziert und ich habe in die Jucker Farm gutes Vertrauen!

    Antworten
    Valérie Sauter

    Das freut uns, vielen Dank!

    Antworten
    Daniel Bärtschi

    Es gibt ja jetzt eine Marke für die regenerative Landwirtschaft: agricultura regeneratio. Das wäre super.

    Antworten
    Valérie Sauter

    ;-)

    Antworten

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