Zu Jucker Farm
Zeichnung Apfelwickler by Corina Bacsa
von Valérie

Schädlinge und Nützlinge 5: Der Apfelwickler

Wenn irgendwo ein Wurm im Apfel ist, war es höchstwahrscheinlich ein Apfelwickler. Er sieht aus wie ein normaler Falter, nur kleiner, hellbraun-gräulich gefleckt und er ist etwa so lang wie ein Daumen breit ist.

Wenn er auch harmlos aussieht: Für die Äpfel ist er’s nicht. Die weiblichen Apfelwickler legen ihre Eier auf den Blättern oder direkt auf den Äpfeln ab. Von da aus fressen sich die geschlüpften Larven spiralförmig ins Apfelinnere hinein. Deshalb der Name. Schliesslich ernährt sich der Apfelwickler vom Kerngehäuse und den Apfelsamen und hinterlässt Kot, der aussieht wie Kaffeesatz.

Wie gefährlich ist der Apfelwickler?

Der Apfelwickler fliegt besonders gerne in der Abenddämmerung, bei feuchtem Wetter und etwa 20 Grad. Und wenn er fliegt, bedeutet das, dass besonders viele Eier verteilt werden. Ein Apfelwicklerweibchen legt zwischen 30 und 60 Eiern ab, aus denen nach 1-2 Wochen Larven schlüpfen. Von da an benötigen die Larven wiederum 3-4 Wochen, bis sie sich verpuppen und selber zum Falter werden.

Befallene Äpfel fallen früher ab und können nicht mehr verkauft werden. Der Befall einer Frucht lässt sich vor allem an den rot-bräunlichen Einstichstellen auf der Apfeloberfläche erkennen und im Inneren des Apfels hat man dann den Wurmbefall.

So lange der Apfelwicklerbefall begrenzt und unter Kontrolle ist, ist er nicht schlimm. Einzelne befallene Äpfel sind verkraftbar. «Wir versuchen, den Befall unter 1-2 % zu halten», sagt Stefan Bächli, Obstbauer bei Jucker Farm, «lässt man es einfach laufen, geht es sehr schnell. Bereits nach einem Jahr ist man dann im zweistelligen Prozentbereich und das ist dann nicht mehr lustig. Vor allem geht es Jahre, den Befall wieder zu reduzieren, wenn er mal so hoch war. Und das ist längerfristig sehr schmerzhaft.»

Apfelwickler auf Klebefalle

In die Falle gegangene Apfelwickler.

Hier war der Wurm drin: Frassschaden des Apfelwicklers.

Was tun gegen den Apfelwickler?

Um den Apfelwickler in Schach zu halten, misst man dessen Vorkommen in den Obstanlagen mittels Pheromonfallen. Kurz erkärt, hängt man  «Kartonhäuschen» auf, die mit einer klebrigen Schicht bestrichen sind. Mittels Pheromonen (sexueller Lockstoff des Apfelwicklerweibchens) werden die Falter des Apfelwicklers angezogen und bleiben auf der Oberfläche kleben. Wie das im Detail funktioniert, haben wir vor einiger Zeit bereits in einem separaten Artikel beschrieben.

Einmal wöchentlich klappert das Obstbauteam die Pheromonfallen abg und zählt die in die Falle gegangenen Apfelwickler (und andere Insekten) aus. Ein gewisses Mass an Apfelwicklern wird toleriert. Insbesondere, wenn gleichzeitig genügend Nützlinge vorhanden sind.

Ebenso spielt die Temperatursumme über 10°C eine Rolle. Das hilft abzuschätzen, wie schnell sich der Apfelwickler voraussichtlich fortpflanzt. Ist ein gewisser Grenzwert überschritten, wird gespritzt. In Durchschnittsjahren war das bis anhin ungefähr zwei mal pro Saison der Fall. Aber Bächli setzt neu auf ganz andere Methoden. Ohne Gift.

Bekämpfung ohne Gift

In den letzten Jahren hat Bächli vermehrt Verwirrtechniken angewendet. Auf dem Juckerhof in Seegräben und dem Bächlihof in Jona kommen zwei verschiedene Systeme zum Einsatz, da die Anlage anders angelegt ist. Das Prinzip ist aber das gleiche: Verwirrung durch Pheromone. «Verwirrplättchen» (in Seegräben) oder «Sprühpuffer» (in Jona) sondern Pheromone ab, die den Apfelwicklermännchen paarungsbereite Weibchen vortäuschen. Die Männchen fliegen so zu den künstlichen Pheromonausscheidern, wo es aber gar nichts zu paaren gibt. So hindert man den Apfelwickler daran, sich fortzupflanzen und unterbindet seine Ausbreitung.

In Jona hat der Befall in den letzten Jahren zugenommen. Die Abend-Beleuchtung der Sportanlagen Grünfeld verschärft das Problem, da sie die Insekten von den Pheromonfallen ablenkt. Sie zieht zahlreiche Insekten an, die sich dort im Licht ungestört paaren und danach auf dem Bächlihof fressen kommen.

Den verstärkten Befall in Jona bekämpft Bächli deshalb zusätzlich alle 10 Tage durch Ausbringung von Granuloseviren (ein Bio-Bekämpfungsmittel), die ausschliesslich Apfelwickler-Raupen töten. Ein kleiner Frassschaden bleibt trotzdem, aber die Ausbreitung wird massgeblich verringert. Andere Insekten kommen dadurch nicht zu Schaden. Granuloseviren befallen ausschliesslich den Apfelwickler.

Zusätzlich zu diesen Massnahmen hat Bächli über 40 Nisthilfen für Kleinvögel in den Anlagen aufgehängt, damit sich möglichst viele Meisen- und andere Vögel niederlassen, die für ihren Nachwuchs wiederum massenhaft Futter in Form von Insekten (wie zum Beispiel Apfelwickler) benötigen.

Viel Arbeit

Alles in allem steht Bächli so ein gutes Arsenal gegen den Apfelwickler zur Verfügung. Aber trotzdem muss er immer wachsam bleiben. Und wie in den letzten Artikeln rund um Pflanzenkrankheiten und -Schädlinge klar wird:  Obstanlagen gesund zu halten bedeutet jede Menge Arbeit.

 

Schädlichkeit auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 10 (sehr gefährlich): 9 (bei starkem Befall)

 

Weitere Artikel zum Thema:

 

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PFLANZENSCHUTZTHEMA

Der Pflanzenschutz ist derzeit ein Thema, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. Da wir hier nahe am Puls der Praxis sind, wollen wir aufzeigen, welche Problemstellungen sich täglich stellen und warum wir entscheiden, wie wir entscheiden. Damit der Konsument erkennt, wie seine Einkaufsentscheide die Art der Produktion beeinflussen.

In einem Übersichtsartikel fächern wir die verschiedenen Aspekte der Thematik auf. Momentan befinden wir uns in der Diskussion hier:

Juckerfarm Infografik Pflanzenschutz Schaedlinge

Valérie ist Vollblutautorin des FarmTickers und immer zur Stelle wenn's "brennt". Sie mag schöne Texte und offene Worte. (Zum Portrait).

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