
Geschäftsfrau mit Hippie-Herz
Zeit, euch Jennifer vorstellen. Seit Oktober arbeitet sie als Leiterin unseres Hofladens auf dem Juckerhof in Seegräben. Und auch sie war ein richtiger Glücksgriff.
Zu Beginn unseres Gesprächs sagt sie: «Ich chan schnurre, du chasch schriibe». Und so haben wir es dann gemacht für dieses Portrait 😉. Sie hat viel und spannend erzählt und ich durfte das dann schriftlich festhalten.
Warum Jennifer so ein Glücksfall ist, wird spätestens dann klar, wenn sie erklärt, dass sie eine eigentlich perfekte Arbeitsstelle aufgegeben hat, um bei uns einen Neuanfang zu machen.
Ursprünglich gelernt hat sie Detailhandelsfachfrau in einem Fotogeschäft. Nach einem Umweg über die Fotografie landete sie bei Jumbo, wo sie während fast 11 Jahren arbeitete. Der Job war spannend und vielseitig. Jennifer war zuständig für alles, was mit Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter zu tun hatte, hat Verkaufstrainings in der ganzen Schweiz gegeben, war involviert in unzählige Projekte wie Arbeitssicherheit, Digitalisierung im Verkauf und der Schulungsadministration.
Doch dann kam der Lockdown. Eine Zäsur, die ihr den Ruck gab, sich von dem eigentlich besten Job der Welt zu trennen. Wie es so weit kam und was die kommunikative Frau sonst noch bewegt, lest ihr hier:
Erzähl mal: Seit wann bist du hier und wie bist du bei uns gelandet?
Ich habe am ersten Oktober gestartet, voll in der Kürbis-Corona-Zeit. Es war von Anfang an Vollgas.
Diese Aufgabe hier zu übernehmen, war für mich mega spannend. Denn eigentlich habe ich mit diesem Schritt etwas getan, was so gar nicht meinem Naturell entspricht: Ich habe einfach ins Blaue hinaus gekündigt, ohne zu wissen, wie es weitergeht. Um das zu erklären, muss ich vielleicht etwas ausholen:
Ich hatte bei Jumbo den perfekten Job und war sehr glücklich. Aber ich war da schon fast 11 Jahre. Ich dachte, ich müsste ja mal noch was anderes sehen. Schon seit einiger Zeit trieb mich dieser Gedanke um. Und doch hielt mich immer die Vorstellung zurück: «Wieso soll ich von etwas weg gehen, das so gut ist?».
Und dann kam der Lockdown. Plötzlich hatte ich viel Zeit, mir Gedanken zu machen. Und je mehr ich darüber nachgedacht habe, desto mehr nahm diese Möglichkeit Form an. Und dann habe ich es einfach gemacht und gekündigt, ohne zu wissen, wohin es gehen soll.
Zuerst hatte ich ein grausam schlechtes Gewissen, meinem Arbeitgeber gegenüber. Das hat mich echt gequält. Doch dann gab es diesen Moment: Ich sass auf dem SUP mitten auf dem Pfäffikersee und habe zum Jucker rübergeschaut. Und dachte so: Ah, da könntest du auch mal wieder hin. Und beim Surfen auf der Website war dann der Job als Hofladenleiterin ausgeschrieben. Da wurde ich neugierig und ich hab einfach mal eine informelle Mail geschrieben. Ohne grossen Anhang. Ich hatte ja über 11 Jahre lang keinen Lebenslauf mehr geschrieben.
Und dann kam trotzdem das Telefon, ich könne mich vorstellen kommen.
Und hast du es bereut?
In keiner Sekunde! Obwohl ich mitten ins Kürbischaos gestartet bin.
Bestätigung gaben mir auch all die Rückmeldungen aus meinem Umfeld, die ich als Reaktion auf meine neue Stelle gekriegt habe. Alle fanden: Ja, Bingo! Da oben sehe ich dich zu 150 %.
WAS IST DEIN JOB?
Ich sag’s immer so: Mein Job als Hofladenleiterin ist es, Bedingungen zu schaffen, in denen meine Mitarbeiterinnen optimal arbeiten können und dass sie und die Gäste sich wohlfühlen. Ich organisiere Nachschub, löse Probleme, schaue, dass alles da ist, was sie brauchen.
Ich bin Gastgeberin hier und mein Ziel ist es, dass sich alle hier wohlfühlen. Das versuche ich auch mit meiner Art vorzuleben.
WAS GEFÄLLT DIR HIER, was nicht so?
Es fühlt sich nur begrenzt für mich als Arbeit an. Obwohl es viel mehr Energie saugt, als mein vorheriger Job. Ich verbringe immer noch viel Zeit damit, Strukturen zu schaffen. Das fehlt hier und vieles läuft im Hintergrund (noch) nicht richtig.
Und trotzdem: Hier zu arbeiten, ist einfach einmalig. Das ganze Lebensgefühl, das damit zusammenhängt. Mit dem Velo zur Arbeit fahren zu können, diesen wunderschönen Weg entlang, das Draussensein, das Dreckigwerden, Turnschuhe tragen zu dürfen, der Holzboden unter den Füssen, das feine Mittagessen…. Und diese wahnsinnig tollen Produkte in diesem so coolen Hofladen an so nette Kunden verkaufen zu dürfen – ich fühle mich einfach wohl.
Was ist dein Lieblings-Jucker-Produkt?
Das Tomaten-Fonduebrot ist schon mega geil, «da gönd der d Schüss ab». 😊
WAS MACHST DU AM LIEBSTEN AUSSERHALB DER ARBEIT?
Es überschneidet sich mit dem, was ich hier jeden Tag mache. Ich bin gerne Gastgeberin, auch zuhause. Ich koche gerne für Freunde und habe allgemein gerne «Bsuech».
Aber ich bin schon auch gerne mal für mich alleine auf dem See mit dem SUP, oder wir fahren mit dem VW Bus weg. Das muss nicht immer nach Finnland oder so sein, sondern kann auch einfach ein Hockeymatch in Lugano sein, oder andere Kurztrips in der Schweiz.
Auch sonst mach ich es mir gerne schön. Jetzt kommt wieder meine Zeit, wo ich draussen barfuss laufen kann – oder halt in Flipflops. Meine Füsse sind gern an der Luft 😊. Es sind die kleinen Dinge, mit denen du dir dein Leben schön machen kannst. Wenn es passt, dann mach ich auch mal an einem Wochentag um 16 Uhr eine Flasche Wein auf. Dafür brauche ich keinen besonderen Grund.
HAST DU ZUKUNFTSTRÄUME, DIE DU UNS VERRATEN MAGST?
Ich habe keine grossen Pläne. Oder vielleicht kleine Pläne, die mich sehr glücklich machen würden. Ich möchte mal auf dem Campingplatz leben, oder in einem Tiny House oder so. Es darf auch ruhig etwas unbequem sein – im Winter zur Dusche durch den Schnee zu müssen. Ich möchte nach dem Motto leben: Weniger besitzen dafür mehr leben. Wenn ich mit dem Bus unterwegs bin, geht’s mir immer viel besser.
Und für den Jucker hier wünsche ich mir, dass der Hofladen so heimelig bleibt, wie er ist. Wo man noch einen Schwatz halten kann, wo etwas über die Produkte erzählt wird, wo man sich kennt. Ich fände es schade, wenn im Zuge der Digitalisierung all das Persönliche verloren ginge.
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